Wasser aus den noch strahlenden Fukushima-Reaktoren soll im Meer entsorgt werden
Auch zehn Jahre nach dem Unglück müssen die Reste des Reaktorkerns weiter gekühlt werden. Protest aus Nachbarländern Japans
Strahlende Lagerbestände. Es ist das langlebige Erbe der Kernschmelze in vier Reaktoren des AKW Fukushima. In den ehemaligen Reaktorkernen, in den Druckbehältern rundherum und in den Betonfundamenten darunter ruhen bis heute die hoch radioaktiven Überreste dieser Kernschmelze. Es sind Gemische aus verschiedenen radioaktiven Elementen, und sie erreichen bis heute Dosen an radioaktiver Strahlung, die in kürzester Zeit tödlich wären.
Doch durch die anhaltenden radioaktiven Zerfallsvorgänge entsteht enorme Hitze. Um also Explosionen und damit neuerliche Freisetzung von radioaktiven Substanzen zu verhindern, müssen diese Überreste ständig gekühlt werden: Ein Vorgang, der in den vergangenen Jahren mehr als eine Million Tonnen radioaktiv verseuchtes Wasser erzeugt hat. Dieses Wasser wird auf dem Gelände der Atomanlage gelagert: ein Volumen von umgerechnet 500 olympischen Schwimmbecken.
Die Betreibergesellschaft Tepco spricht von akutem Platzmangel, der eine Entsorgung des Wassers dringend notwendig mache. Auch könne das Gelände nur vollständig saniert und das AKW endgültig stillgelegt werden, wenn man das dort gelagerte Wasser entsorge.
Aufwendige Reinigung
Das verseuchte Wasser soll ins Meer geleitet werden, und zwar spätestens in zwei Jahren.
Vor dem Abpumpen ist ein aufwendiger Reinigungsprozess notwendig. Dabei wird das Wasser durch Filteranlagen geleitetet, in denen die meisten der darin enthaltenen radioaktiven Elemente aufgefangen werden. Japan wäre nicht das einzige Land, das solche verdünnten radioaktiven Flüssigkeiten ins Meer pumpt. Großbritannien tut das Gleiche mit Abwässern aus seinen Atomkraftwerken.
Ein Element aber lässt sich aufgrund seiner geringen Größe nicht herausfiltern, Tritium, eine radioaktive Form von Wasserstoff. Es gelangt also ins Meer. Daher muss das Wasser so stark verdünnt werden, bis die Konzentration des Tritium unter die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen fällt.
Die Nachbarländer China und Südkorea kritisieren lautstark die Pläne. So äußerte das chinesische Außenministerium am Dienstag „ernste Sorge, es ist hoch unverantwortlich und wird sich schwer auf die Gesundheit und die Interessen der Menschen in Nachbarländern auswirken“. Der Umgang mit den Abwässern aus Fukushima sei nicht allein eine Angelegenheit Japans. Man müsse vorher unbedingt alle sicheren Wege zur Entsorgung des radioaktiven Abfalls ausschöpfen.
Nur eine Episode im Streit um das strahlende Erbe des AKW Fukushima, der noch lange weitergehen wird. Denn die endgültige Stilllegung der Anlage und die Beseitigung aller radioaktiven Abfälle wird nach Schätzungen des Betreibers noch mindestens 30 Jahre in Anspruch nehmen. Der Gouverneur der betroffenen Region meinte erst kürzlich, „was das Aufräumen nach der Kernschmelze in Fukushima betrifft, stehen wir erst am Anfang“. Die von der japanischen Regierung kalkulierten Kosten betragen um die 70 Milliarden Euro, manche Experten veranschlagen deutlich mehr.