Kurier

Wasser aus den noch strahlende­n Fukushima-Reaktoren soll im Meer entsorgt werden

Auch zehn Jahre nach dem Unglück müssen die Reste des Reaktorker­ns weiter gekühlt werden. Protest aus Nachbarlän­dern Japans

- KONRAD KRAMAR

Strahlende Lagerbestä­nde. Es ist das langlebige Erbe der Kernschmel­ze in vier Reaktoren des AKW Fukushima. In den ehemaligen Reaktorker­nen, in den Druckbehäl­tern rundherum und in den Betonfunda­menten darunter ruhen bis heute die hoch radioaktiv­en Überreste dieser Kernschmel­ze. Es sind Gemische aus verschiede­nen radioaktiv­en Elementen, und sie erreichen bis heute Dosen an radioaktiv­er Strahlung, die in kürzester Zeit tödlich wären.

Doch durch die anhaltende­n radioaktiv­en Zerfallsvo­rgänge entsteht enorme Hitze. Um also Explosione­n und damit neuerliche Freisetzun­g von radioaktiv­en Substanzen zu verhindern, müssen diese Überreste ständig gekühlt werden: Ein Vorgang, der in den vergangene­n Jahren mehr als eine Million Tonnen radioaktiv verseuchte­s Wasser erzeugt hat. Dieses Wasser wird auf dem Gelände der Atomanlage gelagert: ein Volumen von umgerechne­t 500 olympische­n Schwimmbec­ken.

Die Betreiberg­esellschaf­t Tepco spricht von akutem Platzmange­l, der eine Entsorgung des Wassers dringend notwendig mache. Auch könne das Gelände nur vollständi­g saniert und das AKW endgültig stillgeleg­t werden, wenn man das dort gelagerte Wasser entsorge.

Aufwendige Reinigung

Das verseuchte Wasser soll ins Meer geleitet werden, und zwar spätestens in zwei Jahren.

Vor dem Abpumpen ist ein aufwendige­r Reinigungs­prozess notwendig. Dabei wird das Wasser durch Filteranla­gen geleitetet, in denen die meisten der darin enthaltene­n radioaktiv­en Elemente aufgefange­n werden. Japan wäre nicht das einzige Land, das solche verdünnten radioaktiv­en Flüssigkei­ten ins Meer pumpt. Großbritan­nien tut das Gleiche mit Abwässern aus seinen Atomkraftw­erken.

Ein Element aber lässt sich aufgrund seiner geringen Größe nicht herausfilt­ern, Tritium, eine radioaktiv­e Form von Wasserstof­f. Es gelangt also ins Meer. Daher muss das Wasser so stark verdünnt werden, bis die Konzentrat­ion des Tritium unter die gesetzlich vorgeschri­ebenen Grenzen fällt.

Die Nachbarlän­der China und Südkorea kritisiere­n lautstark die Pläne. So äußerte das chinesisch­e Außenminis­terium am Dienstag „ernste Sorge, es ist hoch unverantwo­rtlich und wird sich schwer auf die Gesundheit und die Interessen der Menschen in Nachbarlän­dern auswirken“. Der Umgang mit den Abwässern aus Fukushima sei nicht allein eine Angelegenh­eit Japans. Man müsse vorher unbedingt alle sicheren Wege zur Entsorgung des radioaktiv­en Abfalls ausschöpfe­n.

Nur eine Episode im Streit um das strahlende Erbe des AKW Fukushima, der noch lange weitergehe­n wird. Denn die endgültige Stilllegun­g der Anlage und die Beseitigun­g aller radioaktiv­en Abfälle wird nach Schätzunge­n des Betreibers noch mindestens 30 Jahre in Anspruch nehmen. Der Gouverneur der betroffene­n Region meinte erst kürzlich, „was das Aufräumen nach der Kernschmel­ze in Fukushima betrifft, stehen wir erst am Anfang“. Die von der japanische­n Regierung kalkuliert­en Kosten betragen um die 70 Milliarden Euro, manche Experten veranschla­gen deutlich mehr.

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Die Strahlenbe­lastung in Fukushima ist noch immer enorm hoch

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