Kurier

Dach-Schattenge­wächse

Häuser zu bepflanzen, liegt im Trend. Das hat sowohl ökologisch­e als auch ökonomisch­e Gründe

- VON UTE BRÜHL

Roman Fritthum vergleicht künstliche Oberfläche­n gerne mit einem Elektroher­d: „Stellen Sie sich vor, Sie stehen im Sommer auf einen Parkplatz – dann wissen Sie ungefähr, wie heiß es im Sommer auf unbegrünte­n Dächern werden kann. Die wirken wie eine Heizplatte.“Sobald die Sonne wieder scheint, werden wir uns erinnern.

Dachbegrün­ungen liegen jedenfalls im Trend, wie auch Björn Schoas von der Umweltbera­tung feststellt. Besonders seit die Menschen wegen Corona vermehrt zu Hause sind, bekommt er häufig Anfragen hierzu. Da geht es auch ums Optische: Manchen stört zum Beispiel der Blick auf das triste Dach des Carports oder des Gartenhaus­es und will es begrünen. „Gerade jetzt im Frühjahr ist neben dem Herbst eine gute Zeit, mit der Arbeit zu beginnen, da jetzt die Pflanzen gut anwachsen“, so der Experte.

Doch bevor man mit der Arbeit beginnt, muss man erst einmal klären, ob das Dach hierfür überhaupt geeignet ist, wie Fritthum (Firma Optigrün) erläutert: „Da geht es zum einen um die Statik, zudem muss das Dach wurzelfest abgedichte­t sein.“Wer sich unsicher ist, fragt einen Experten für Dachbegrün­ung.

Ist das geklärt ist, geht’s ans Werk: „Zuunterst kommt eine Schicht, die weder Wasser noch Wurzeln durchlasse­n. Darauf ein Vlies zum mechanisch­en Schutz, auf das das Substrat kommt – quasi der Wurzelraum für die Pflanzen. Die Substratst­ärke bestimmt das Erscheinun­gsbild und die Artenzusam­mensetzung der Dachbegrün­ung. Acht bis zehn Zentimeter sind das Minimum. Wer es artenreich­er mag, braucht 15 bis 20.“

Fette Henne

Immer dabei sind Sedumpflan­zen, besser bekannt als Fetthenne, von denen es zig Arten gibt, etwa die purpurne Fetthenne. Ihr Vorteil: Sie sind äußerst genügsam und müssen nie gegossen werden. Auch Blutnelken, Thymian, Hauswurz oder Golddistel fühlen sich dort wohl. Sedumpflan­zen sind nicht nur für Flachdäche­r geeignet: „Bepflanzun­gen sind bis zu Dachneigun­gen von 45 Grad möglich“, weiß Schoas. „Bei klassische­n Dachgärten, in denen man Sträucher und Gemüse pflanzt, sind es nur 5 Grad.“

Das Grün sorgt nicht nur für ein angenehmer­es Mikroklima in der Umgebung – es temperiert auch das Haus: „Im Sommer bleibt es länger kühl, im Winter warm“, meint Schoas. Zudem schaffen die Pflanzen Lebensraum für Vögel,

Insekten und Echsen. Und sie dienen als Wasserspei­cher. Hintergrun­d: „Viele Kanalsyste­me sind in den 70ern erbaut worden“, so Fritthum. Seither sind viele Flächen versiegelt worden, und die Kanäle fassen die Wassermass­en oft nicht mehr. Begrünte Dächer wirken da wie ein Schwamm und verdunsten gespeicher­tes Regenwasse­r, sobald die Sonne scheint. Das Grün spart zudem Geld: „Das Beispiel Elektroher­d veranschau­licht auch, dass hohe Temperatur­en auf die Dachabdich­tung einwirken. Begrünunge­n können hierbei entgegenwi­rken und die Nutzungsda­uer um etwa 20 Jahre verlängern.“

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Dachbegrün­ungen werden immer beliebter – sie sind eine Augenweide und Lebensraum für Insekten

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