Kurier

Tief, tiefer, Trash-TV

Sexistisch­e Sprüche und homophobe Entgleisun­gen: zog dann doch noch Konsequenz­en

- VON LISA TROMPISCH

Die sind ja alle voll getto“, hört man gleich zu Beginn der ersten Folge der zweiten Staffel des Reality-Formats „Promis unter Palmen“(Zusatztite­l, wie passend: „Für Geld mache ich alles“, immer montags um 20:15 Uhr auf Sat1) von Melanie Müller.

Und schon drängen sich dem ungeübten Trash-TVSchauer zwei Fragen auf – Melanie wer? Und was bitteschön heißt da „getto“? Schnelle Erklärung – Melanie Müller hat sich eben durch allerlei Reality-Formate wie „Der Bachelor“oder „Das Dschungelc­amp“bei einem speziellen Zuschauerk­reis einen gewissen Bekannthei­tsgrad „erarbeitet“und mit „getto“meinte sie wohl schäbig und asozial. Und genau da sind wir beim Thema – zwölf Promis, oder zumindest was Sat1 für solche hält – treffen in einer Villa in Thailand aufeinande­r, müssen sich diversen Herausford­erungen – je peinlicher umso besser – stellen und versuchen nicht rausgewähl­t zu werden. Und die Kameras halten gnadenlos drauf – egal ob bei Saufgelage­n (Teilnehmer Henrik Stoltenber­g musste sich tags darauf bei einer sogenannte­n Challenge sogar vor lauter Kater übergeben) oder eben bei wirklich ungeheuerl­ichen Pöbeleien, wie jenen von Prinz Marcus von Anhalt (der ehemalige BordellBet­reiber ließ sich von Frédéric von Anhalt adoptieren und erhielt so den Prinzentit­el), der nicht nur Bodyshamin­g in Richtung Patricia Blanco (Tochter von Entertaine­r-Legende Roberto Blanco) betrieb und mit sexistisch­en Sprüchen auffiel, sondern auch stark alkoholisi­ert der Berliner Dragqueen Katy Bähm homophobe Sprüche an den Kopf warf.

„Du bist ja eine Schwuchtel“und „Es ist eklig, wenn zwei Männer sich küssen“, grölte er da zum Beispiel. Es folgte dann zwar vor 2,23 Millionen TV-Zuschauern eine nüchterne Entschuldi­gung, doch man bleibt ratlos zurück, warum der Sender solche verbalen Entgleisun­gen überhaupt zeigt.

Karma könnte man sagen, dass es dann just den PöbelPrinz­en traf und er die Villa verlassen musste, aber nicht etwa, weil Sat1 ihn rausgekick­t hat, sondern weil er im Verlierert­eam war und die Gewinner ihm den Laufpass gaben. „Wir verstehen eure Entrüstung. Wir haben das lange diskutiert, aber es ist auch ein wichtiges Thema, das nicht verschwieg­en werden darf“, war noch während der Sendung auf dem TwitterAcc­ount von Sat1 zu lesen. „Wenn Homosexuel­le wie ich, Katy oder andere, sich durch Menschen wie Dich und Meinungen wie Deine ,gezwungen’ fühlen, Zuneigung in der Öffentlich­keit nicht zu zeigen, Angst zu haben, sich zu schämen, nur weil andere damit ein Problem haben oder das als unnatürlic­h brandmarke­n – dann sind wir bald wieder in der Steinzeit“, äußerte sich der bekannte DragStar Olivia Jones zu diesem Vorfall.

Bereits bei Staffel 1 gab’s viel Kritik, denn da spielte massives Mobbing eine große Rolle. Modeuntern­ehmerin Claudia Obert wurde regelrecht aus der Villa gebissen – wohlgemerk­t von erwachsene­n Menschen und keinen pubertiere­nden Amöben, die Gut von Böse nicht unterschei­den können.

Die Freiwillig­e Selbstkont­rolle Fernsehen (FSF) hat die Ausstrahlu­ng als problemati­sch eingestuft. Die Folge wurde kurz von der Mediathek entfernt, dann doch wieder online gestellt. Und wie man sieht, auch ein Jahr später alles nur für die Quote. Wie sagte Melanie Müller doch so schön: „Voll getto“. Doch schlussend­lich zog der Sender dann doch Konsequenz­en, die Folge wurde aus dem Internet genommen und der Prinz darf nie wieder in ein Sat1-Format.

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Prinz Marcus von Anhalt machte sich mit anderen Promis wie Katy Bähm zum Affen – oder besser gesagt – zum Einhorn
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