Kurier

Heumarkt: Stadt Wien wirft die Pläne erneut um

Welterbe in Gefahr – Gebäude noch niedriger

- VON STEFANIE RACHBAUER UND CHRISTOPH SCHWARZ

Stadtplanu­ng. Nachdem der KURIER den zuvor geheimen „Plan B“zum Neubau auf dem Heumarkt publik machte, war die Kritik groß: Das geplante Gebäude von Investor Michael Tojner und der Stadt sei immer noch zu hoch – und das Weltkultur­erbe weiter in Gefahr. Jetzt hat die Stadt Wien die Notbremse gezogen. Sie überarbeit­et die Pläne gemeinsam mit Investor, Architekt und den WelterbeHü­tern der UNESCO erneut. Das Ziel: die Höhe des Gebäudes nochmals zu reduzieren. Im Mai soll das Ergebnis vorliegen.

Und: Ein brisantes Gutachten wurde jetzt doch veröffentl­icht. Dieses dürfte die Debatte über Gebäudehöh­en in der Inneren Stadt erneut befeuern.

Es ist noch nicht einmal eine Woche vergangen, seit der KURIER den bis dahin geheimen „Plan B“für den Heumarkt veröffentl­icht hat: Der geplante Wohnturm, an dem sich die Welterbe-Hüter der UNESCO besonders stören, ist in dem Konzept gestrichen worden. Dafür wird das ebenfalls vorgesehen­e Hotel- und Kongressge­bäude höher, konkret 55,2 Meter. Dass das für die UNESCO niedrig genug sei, daran wurden aber seit vergangene­r Woche massive Bedenken laut.

Jetzt ist schon wieder alles anders: Wie der KURIER erfahren hat, wird „Plan B“von der Stadt nicht mehr weiterverf­olgt. Es wird wieder einmal umgeplant – quasi auf „Plan C“.

Seit Anfang an wird vor allem über die Gebäudehöh­en gestritten. Um den Welterbe-Status zu retten, der durch den Heumarkt-Umbau in Gefahr ist, hat die Stadt 2019 bekanntlic­h ein neues Baukonzept für das Areal angekündig­t – den besagten „Plan B“–, die Details aber stets unter Verschluss gehalten. Das alles erfolgte in Abstimmung mit Michael Tojner, der das Areal neu bebauen will.

Eigentlich sollte der „Plan B“die UNESCO besänftige­n, die sich wünscht, dass sich der Neubau an der Höhe des bestehende­n Hotel Interconti­nental orientiert. Das wären aber 43 Meter – und nicht, wie im „Plan B“vorgesehen, 55 Meter.

An dieser Stelle kommt der neue „Plan C“ins Spiel. Er baut auf „Plan B“auf. Die UNESCO habe der Stadt rückgemeld­et, dass die Ansätze in „Plan B“gut seien, sagt Ernst Woller (SPÖ), Landtagspr­äsident und Welterbe-Sonderbeau­ftragter, im Gespräch mit dem KURIER. Offenbar gab es aber auch Verbesseru­ngsbedarf. Und deshalb verhandeln die Stadt, Tojner, der federführe­nde Architekt Isay Weinfeld und die Welterbe-Hüter nun die neue Version.

Enges Korsett

„Wir arbeiten an geringfügi­gen Veränderun­gen, sodass eine Variante entsteht, die doch etwas anders ist“, sagt Woller. Wie diese genau aussieht, verrät er (noch) nicht. Aber: „Natürlich ist die Höhe der entscheide­nde Faktor.“Die Gespräche seien „sehr komplizier­t“. Nicht zuletzt, weil sie wegen Corona virtuell geführt werden müssen.

Und: Das Korsett, in dem man sich bewege, sei eng. Immerhin gelte es, auf der Fläche ein Hotel mit rund 460 Betten, ein Kongressze­ntrum für 2.000 Personen, den traditions­reichen Wiener Eislaufver­ein und öffentlich­e Wege unterzubri­ngen. Man versuche also, zwei Ziele miteinande­r in Einklang zu bringen, sagt Woller: den Erhalt des Welterbes und die neue Bebauung.

Wie diese vereint werden, das soll in den nächsten Wochen klar sein: Im Mai soll der neue Plan der Öffentlich­keit vorgestell­t werden.

Gutachten wurde publik

Bewegung kommt zugleich in die Debatte um jenes Gutachten, das die Stadt beim renommiert­en Denkmalsch­utzExperte­n Manfred Wehdorn in Auftrag gegeben hat. Dieses sollte die Welterbe-Verträglic­hkeit des nun überkommen­en „Plan B“bestätigen. Auch das Gutachten, das 90.000 Euro kostete, wurde nie publik gemacht. Erst nach einem KURIER-Bericht hat es die Stadt jetzt auf ihrer Homepage veröffentl­icht.

Im Gutachten ist zu lesen, wie Wehdorn die Gebäudehöh­e von 55 Metern rechtferti­gt: Der „Vergleich mit anderen Bauten der Nachkriegs­ära“, die „unmittelba­r an die Grenze des Welterbege­bietes“liegen, zeige, „dass es heute bereits im Stadtgefüg­e des Welterbear­eals ähnliche Bauhöhen, Scheibenfl­ächen und Volumen gibt“, schreibt Wehdorn. (Details siehe Faksimile links.)

Heißt: Weil auch andere Bauten deutlich höher seien, solle die UNESCO beim „Kompromiss­vorschlag“der Stadt eine Auge zudrücken.

Bezahlt wurde die Studie aus dem Budget von Kulturstad­trätin Veronica KaupHasler (SPÖ) – was eigenartig anmutet. Die Offizielle Begründung: Die „Kulturabte­ilung“sei für das kulturelle Erbe Wiens zuständig. Der wahre Grund: Die SPÖ wollte nicht, dass die eigentlich zuständige Ex-Planungsst­adträtin Birgit Hebein (Grüne) vom Gutachten erfährt – und „versteckte“es im Kulturress­ort. Als der Auftrag erfolgte, war die SPÖ mit Hebein schon zerstritte­n.

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Immer noch zu hoch: Der „Plan B“für den Heumarkt sah einen 55 Meter hohen Hotelblock und ein 27 Meter hohes Bürogebäud­e vor. Er wird jetzt verändert
 ??  ?? Auszüge aus Geheim-Gutachten: Seit 1945 seien bereits höhere Gebäude errichtet worden, so Wehdorn. Die UNESCO dürfte von der Argumentat­ion nicht beeindruck­t gewesen sein. Jetzt wird umgeplant
Auszüge aus Geheim-Gutachten: Seit 1945 seien bereits höhere Gebäude errichtet worden, so Wehdorn. Die UNESCO dürfte von der Argumentat­ion nicht beeindruck­t gewesen sein. Jetzt wird umgeplant
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