Infektionszahlen sinken deutlich, Lockdown-Ärger bei Händlern
Heute entscheidet das Burgenland, ob der Lockdown verlängert wird
Maßnahmen. Mit 2.313 gemeldeten Neuinfektionen setzte sich am Dienstag der Abwärtstrend fort. Allerdings entspannt sich die Situation in den Spitälern noch nicht, Wien und Niederösterreich haben die Verlängerung des Lockdowns bereits beschlossen, das Burgenland entscheidet heute. Der Ost-Lockdown hat schwerwiegende Folgen für Gastronomie und Hotellerie: Auch wenn die übrigen Bundesländer eine bessere Lage aufweisen, lehnen Branchenvertreter die regionsweise Öffnung ab.
Verärgerte Händler
Der Lockdown im Osten lässt die Wogen bei den Chefs großer Handelsketten hochgehen. Viele warten ein Jahr nach dem ersten Lockdown noch immer auf Ausgleichszahlungen. „Die staatlichen Hilfen kann man vergessen“, urteilt Karl Mayr, Chef der Fussl Modestraße. Im Vergleich zum Textilhandel sind die Möbelhäuser relativ gut durchs Corona-Jahr gekommen. Doch „die Konsumlaune geht verloren“, meint XXXLutz-Sprecher Thomas Saliger.
Natürlich sei dies unpopulär, gestand Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig am Montag ein: Der Ost-Lockdown wird bis 2. Mai verlängert. Niederösterreichs ÖVPLandeschefin Johanna MiklLeitner schloss sich der Entscheidung Ludwigs Montagabend an; SPÖ-Landeschef Hans Peter Doskozil, will heute, Mittwoch, bekannt geben, ob das Burgenland mitzieht oder den seit Monatsbeginn geltenden Lockdown mit 18. April beendet.
! Welche Folgen der OstLockdown für die Öffnungsschritte in ganz Österreich haben kann
Auch wenn manche Bundesländer bessere Zahlen aufweisen als der Osten: Regionsweise Öffnungsschritte stehen politisch derzeit außer Frage. Das Vorarlberger Modell mit Öffnung etwa der Gastronomie funktionierte durch die Abgeschlossenheit des Bundeslandes. Das lässt sich nicht auf andere Regionen umlegen. Zudem sind die Infektionszahlen sind ein ständiges Auf und Ab: Am Dienstag wurden 2.313 neue Ansteckungen gemeldet, zwar um 400 mehr als am Dienstag der Vorwoche, aber die Tendenz ist seit einigen Tagen fallend. Die 7-Tages-Inzidenz (Fälle auf 100.000 Einwohner gerechnet) betrug jedoch rund 209 − und damit mehr als zuletzt: Geben diese Zahlen eine Öffnung her? Statistiker Erich Neuwirth warnt: „Wenn Inzidenzen steigen, sollte man nicht über Öffnungsschritte nachdenken.“
! Wer für, wer gegen eine gestaffelte Öffnung ist Vorarlberg macht es seit 15. März vor: Die Gastronomie oder auch Kinos haben seither unter Auflagen offen. Mario Pulker, Branchensprecher der Gastronomie, kann sich aber darüber hinaus keine in Zonen geteilte Öffnung in Österreich vorstellen. „Das ist nicht zielführend, sonst kommt es zu einem Reiseverkehr in die Lokale im anderen Bundesland.“Auch der steirische ÖVP-Landeschef Hermann Schützenhöfer hält wenig von übereilten Öffnungsschritten, ganz im Gegensatz zum Linzer SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger: Er will „sofort“für geimpfte Menschen und Personen mit negativem Testergebnis Erleichterungen schaffen, ihnen etwa Wirtshäuser öffnen und Besuche von kulturellen Veranstaltungen sowie Sportvereinen zu ermöglichen.
! Welche Erkenntnisse sich aus Vorarlberg ergeben Mit der Anzahl der CoronaTests steht das Bundesland wohl europaweit an der Spitze: Pro Woche werden laut Landeschef Markus Wallner (ÖVP) 100.000 Stück durchgeführt − und das bei rund 400.000 Einwohnern. Bisher habe es weder im Gastronomienoch im Kulturbereich Ansteckungen gegeben. Allerdings ist die 7-Tages-Inzidenz gestiegen: Mit 175,8 liegt das Land an zweiter Stelle hinter der Steiermark (161,7). Doch auch das wird auch die hohe Testzahl zurückgeführt.
! Welche Maßnahmen österreichweit zur Öffnung führen können Ausreise- und Zutrittstests stehen ganz oben auf der Liste. Die Gastronomie spricht sich für das Hineintesten in Restaurants aus: Branchenvertreter Pulker begründet dies mit Anfragen von Gästen selbst: „Da hat sich ein totaler Wandel ergeben.“Ausreisetests aus Bezirken mit hohen 7-Tages-Inzidenzen (400 und darüber) zeigen zudem: Das System wirkt, etwa Braunau in Oberösterreich oder Hermagor in Kärnten. Dadurch wurden die Fallzahlen gedrückt. Ähnlich verläuft die Entwicklung in NÖ: Wiener Neustadt lag am Dienstag bei 187,7 − die Testverpflichtung begann Mitte März bei 480. Auch Neunkirchen sank auf 189,9, Scheibbs liegt noch bei 309.
! Weshalb es zur Verlängerung im Osten kam
Das hat mit der Lage in den Spitälern zu tun − vor allem auf den Intensivstationen: Sie sind so voll wie nie zuvor in der Pandemie. Wien meldete am Dienstag 229 an Covid-19 Patienten, die intensivmedizinisch betreut werden. In Niederösterreich waren wie am Montag 132 Intensivbetten belegt − das das ist der bisherige Höchstwert. Im Burgenland wurden am Dienstag 21 Intensivpatienten gemeldet, einer weniger als noch am Montag. Österreichweit lag die Zahl bei 599: Am Höhepunkt der zweiten CoronaWelle im November gab es 704 Intensivpatienten.
! Wie es zu den Höchstwerten kam Infektiologen erklären dies mit den aggressiveren Mutationen des Coronavirus. Im Osten Österreichs hat die britische Variante den Urtypus des Vorjahres verdrängt: Sie ist infektiöser, erkrankte Patienten brauchen mehr Zeit, um zu genesen. Die Belagsdauer auf Normal- und Intensivstationen ist länger.
! Was noch in der Bewertung zählt
Die 7-Tages-Inzidenz, sie lag am Dienstag österreichweit bei rund 209, in Wien jedoch bei 272. Das ist allerdings um einiges weniger als am 1. April, dem Beginn des Lockdowns, da lag der Wert bei 327. NÖ startete mit 290 und liegt nun bei 191,5, das Burgenland begann mit 238 und ist jetzt bei 219,1. Oberösterreich, Salzburg und Kärnten liegen mittlerweile schlechter als Niederösterreich oder das Burgenland, haben aber weniger Auslastung in den Spitälern.