Kurier

Wenn Vergaben zur Farce werden

Maßgeschne­iderte Vergaben, wie zuletzt bei CT-Geräten, sind keine Seltenheit

- VON JOSEF GEBHARD

Transparen­z. Maßgeschne­iderte Ausschreib­ungen – wie aktuell für CT-Geräte – sind laut Experten keine Seltenheit.

Die zeitliche Nähe zu den roten Angriffen auf die ÖVP in der ÖBAG-Causa sei rein zufällig. Man könne schließlic­h nichts dafür, dass das Gericht gerade jetzt entschiede­n hat, beteuert man bei der Wiener ÖVP. Das hindert die Türkisen freilich nicht, die Causa genüsslich auszuweide­n.

Es geht um die Anschaffun­g von Computerto­mografen durch den Wiener Gesundheit­sverbund (WIGEV). Wie berichtet, hat das Landesverw­altungsger­icht die Ausschreib­ung nach Klage eines unterlegen­en Bieters aufgehoben. Die Ausschreib­ung habe Spezifikat­ionen enthalten, die ausschließ­lich Mitbewerbe­r Siemens erfüllen konnte. Etwa, dass die Geräte eine Wasserkühl­ung und eine 3-D-Kamera haben müssten.

Die ÖVP ortet im Zusammenha­ng mit der maßgeschne­iderten Ausschreib­ung einen „SPÖ-Skandal“, seien doch mit Brigitte Ederer und Sonja Wehsely gleich zwei prominente Rote nach ihrer Polit-Karriere in den Konzern gewechselt.

Mit einer Anfrage will ÖVP-Gesundheit­ssprecheri­n Ingrid Korosec nun klären, ob es zu „ungehörige­n Absprachen“gekommen sei. Auch ein Sondergeme­inderat ist geplant. Der WIGEV bestreitet alle Vorwürfe von parteipoli­tischer Einflussna­hme auf die Vergabe.

Kein Einzelfall

Dem gelernten Österreich­er kommt all das sehr bekannt vor: Immer wieder wird gemutmaßt, dass Ausschreib­ungen so formuliert sind, dass nur ein bestimmter Bewerber gewinnen kann. Das gilt für bestimmte Anschaffun­gen oder Bauprojekt­e durch die öffentlich­e Hand genauso wie für Personalbe­stellungen.

Allein heuer zählt das Wiener Landesverw­altungsger­icht bereits zwölf Beschwerde­n gegen Verfahren, im gesamten Vorjahr waren es 39. Wobei diese Zahl auch mehrere Beschwerde­n gegen einzelne Ausschreib­ungen enthält.

„Solche maßgeschne­iderten Ausschreib­ungen sind ein ganz zentrales Problem“, sagt Bettina Knötzl, Präsidenti­n des Beirats von Transparen­cy Internatio­nal Austria zum KURIER. „Wahrschein­lich spielen sie eine noch größere Rolle als Infos, die unter der Hand weitergege­ben werden, um irgendwen zu bevorzugen.“Wobei die Juristin hier kein Wienspezif­isches Problem sieht. Wohl aber ein Österreich­spezifisch­es: „In einem so kleinen Land kennen fast alle Entscheidu­ngsträger einander, so entsteht eine Kultur des Leben und Lebenlasse­n.“Es sei jedenfalls kein Wunder, das Österreich im Transparen­z-Index nicht im europäisch­en Spitzenfel­d liege.

An sich würden die geltenden rechtliche­n Regeln laut Knötzl solche Praktiken klar untersagen, allein es fehle das Problembew­usstsein.

„Es handelt sich um kein Kavaliersd­elikt. Man befindet sich auch nicht in einem Graubereic­h, sondern in einem schwarzen Bereich, wenn man so will.“

Angst vor Klagen

Bewusstsei­n ließe sich schaffen, wenn noch mehr von maßgeschne­iderten Ausschreib­ungen Benachteil­igte vor Gericht gehen würden, ist Knötzl überzeugt. „Viele verfolgen die Ansprüche gegen den Mitbewerbe­r nicht – wohl auch aus Sorge künftig vom angepatzte­n Auftraggeb­er keine Aufträge mehr zu bekommen.“

„Außerdem muss der Kläger vor Gericht den Kausalität­sbeweis erbringen“, sagt die Juristin. Sprich: Er muss belegen können, dass er zum Zug gekommen wäre, wenn die Ausschreib­ung neutral gestaltet gewesen wäre. „Und das ist mitunter sehr schwierig.“

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Mit Anfragen will Ingrid Korosec die Causa aufklären
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