Kurier

Ganz ohne die Bundesregi­erung

- VON MARTIN GEBHART martin.gebhart@kurier.at

Welche Bilder verbinden wir mit den vielen CoronaEnts­cheidungen, die seit dem Ausbruch der Pandemie verkündet worden sind? Am Beginn war es das „virologisc­he Quartett“, das uns die Maßnahmen und Beschränku­ngen erklärte. An der Seite von Kanzler Sebastian Kurz und seinem Vize Werner Kogler stellten sich damals noch Gesundheit­sminister Rudolf Anschober und Innenminis­ter Karl Nehammer den Medien. Dann wurden Kogler und Nehammer durch Ländervert­reter ersetzt, Steiermark­s Landeshaup­tmann Hermann Schützenhö­fer und Wiens Bürgermeis­ter Michael Ludwig. Und diese Woche stand das Wiener Stadtoberh­aupt ganz allein auf der Bühne, um für die Ostregion die Verlängeru­ng des harten Lockdowns bis zum 2. Mai zu verkünden. Von der Bundesregi­erung war da weit und breit niemand zu sehen.

Diese Bilder machen deutlich, wie sehr sich die Entscheidu­ngsfindung innerhalb eines Jahres verlagert hat. Von der Bundesregi­erung hin zu den Ländern. Als vor etlichen Wochen über Maßnahmen in Tirol verhandelt worden war, saßen der Gesundheit­sminister und das Bundeskanz­leramt mit am Tisch. Jetzt, wo es mit Wien und Niederöste­rreich um die bevölkerun­gsreichste Region von Österreich geht, wurden Kanzler und Vizekanzle­r lediglich in einem Telefonat vom Wiener Bürgermeis­ter über die geplante Maßnahme informiert.

Dass die Bundesländ­er nun das Heft in die Hand genommen haben, liegt nicht daran, dass sie plötzlich auf ihre Macht und Stärke pochen. Wer verkündet schon gerne einen harten Lockdown? Es erweckt vielmehr den Eindruck, dass sich die bisherigen Protagonis­ten der Pandemie-Bekämpfung in der Regierung zurückgeno­mmen haben.

Das ist keine gute Entwicklun­g, weil ein Katastroph­enmanageme­nt nur dann funktionie­rt, wenn Bund und Länder auf Augenhöhe zusammenar­beiten, wenn jeder seine Rolle erfüllt. Deswegen sollte die Konferenz der Regierung mit den Landeshaup­tleuten am Freitag dazu genutzt werden, um das wieder ins Lot zu bringen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria