Die Erde kommt nicht zur Ruhe
Wieder war Neunkirchen Epizentrum eines Erdbebens. Das Gebiet ist gefährdet
Neunkirchen. Nach nur wenigen Wochen bebte die Erde erneut. Warum immer dort?
Es waren heftige Erdstöße, die die Bevölkerung im südlichen Niederösterreich bis nach Wien in der Nacht auf Dienstag aus dem Schlaf rissen. Sogar aus Salzburg gab es Meldungen. Um 0.57 Uhr erschütterte ein Beben der Stärke 4,4 das Wiener Becken, das Epizentrum lag im Bezirk Neunkirchen.
An sich sind Bewohner der Region an dieses Naturphänomen gewöhnt, schließlich lebt man in einem der erdbebenanfälligsten Gebiete des Landes. Nur in sieben anderen Regionen kommt es so häufig zu Erdbeben (siehe Grafik). Im Moment fällt aber die Häufigkeit auf.
Kurze Abstände
Das letzte heftige Beben ist nämlich noch keinen Monat her. Mit einer Magnitude von 4,6 wurde erst am 30. März das stärkste Beben der vergangenen 20 Jahre verzeichnet. Es hatte Dutzende Nachbeben zur Folge, ebenso wie die aktuellen Erdstöße. Am Dienstag, um 7.16 Uhr erreichte ein solches eine Stärke von 3,2 und war wieder deutlich zu spüren. Um 20.01 Uhr am Abend kam ein weiteres Beben in der Region mit Epizentrum in Gloggnitz sogar auf eine Stärke von 3,7.
Wer denkt, dass dies eine ungewöhnliche Häufung von Erdaktivitäten sei, der irrt, wie die Experten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) erklären. „Ein Trend zu mehr Erdbeben ist derzeit nicht erkennbar. Die Zahl der Erdbeben in Niederösterreich und allgemein in Österreich schwankt von Jahr zu Jahr stark“, sagt ZAMG-Seismologin Rita Meurers. In Zahlen schlägt sich das so nieder: Pro Jahr gibt es im Schnitt 48 spürbare Erdbeben in Österreich. Die Schwankungsbreite ist groß. 2002 konnten nur 13 Erdbeben wahrgenommen werden, 2020 waren es wiederum gleich 73.
Intensität 5 bis 6
Ob man ein Beben spürt, hängt von mehreren Faktoren ab. Neben der freigesetzten Energie ist auch die Tiefe, in der die Erde bebt, entscheidend. Im aktuellen Fall ereignete sich das Beben in neun Kilometern Tiefe. Je höher das Epizentrum liegt, umso stärker ist es wahrzunehmen. Gemessen wird die Stärke – oder Magnitude (M) – dann nach der Richterskala. Diese ist nach oben offen und orientiert sich an der Energie, die im Epizentrum frei wird.
Aufgrund der logarithmischen Berechnungsmethode dieser Skala ist ein M7-Beben aber beispielsweise 30mal so „stark“bzw. energiereich, wie eines der Magnitude 6. Deswegen ist auch die Intensität eines Bebens gemäß der europäischen makroseismischen Skala 1998 (EMS-98) wichtig, die auf zwölf Stufen beruht. Dabei geht es um die Wahrnehmung und um Schäden, auch die Tiefe ist entscheidend.
Die aktuellen Beben im März und am Dienstag sind noch nicht final ausgewertet, laut Seismologin Meurers gehen die Experten aber vorerst von einer Intensität zwischen 5 und 6 bei beiden Beben aus.
Während des Bebens
Im Haus sollte man die ausgewählten Plätze aufsuchen, die Nähe von Fenstern meiden und nicht ins Freie laufen. Im Freien sollte man einen Sicherheitsabstand von fünf Metern zu Gebäuden und elektrischen Leitungen suchen. In engen Gassen ist es sinnvoll, sich in den nächsten Hauseingang zu retten, um vor herabfallenden Bauteilen sicher zu sein