Paukenschlag: Fußball-Superliga steht schon wieder vor dem Aus
ManCity und Tottenham sind ausgetreten, weitere Klubs sollen folgen
Zerfallserscheinungen. Zwölf Topklubs aus Europa wollten den Fußball revolutionieren. Nur einen Tag nachdem sie das Projekt angekündigt haben, stehen die Gründer der Super League vor einem Scherbenhaufen.
Nach heftigen Protesten der Fans, konkreten Ausschlussdrohungen durch den europäischen Verband UEFA und der nationalen Ligen sowie scharfer Kritik von Politikern wie dem britischen Premierminister Boris Johnson, zogen sich am Dienstagabend mit Manchester City und Tottenham zwei Gründungsmitglieder aus der neuen Liga zurück.
Arsenal, Chelsea, Manchester United und der FC Liverpool sowie Atlético Madrid dürften dies ebenfalls planen. Und Barcelona gab bekannt, dass die Fans darüber abstimmen werden, ob man in der Konkurrenzliga zur Champions League mitspielen soll.
Dazu gab es auch schon die ersten personellen Konsequenzen. Mit Ed Woodward wird einer der Architekten der Super League bei Manchester United seinen Vorstandsposten räumen müssen.
Tausende Chelsea-Fans hatten sich am frühen Dienstagabend in der Fulham Road vor dem Stadion Stamford Bridge versammelt. Sie kamen nicht, um ihr Team im Premier-League-Spiel gegen Brighton anzufeuern (wegen Covid dürfen sie ja nicht auf die Tribüne), sondern um lautstark dagegen zu protestieren, dass just ihr Verein zu den zwölf Abtrünnigen gehört, die am Tag zuvor die europäische Super League als Konkurrenzbewerb zur Champions League gegründet hatten.
Urplötzlich wurde auf der dicht gefüllten Straße so laut gejubelt wie im Jahr 2012, als Didier Drogba gerade den entscheidenden Elfmeter im Finale des immer noch wichtigsten Klubbewerbs der Welt, in München gegen die Bayern, verwertet hatte.
In Windeseile hatten sich nämlich Medienberichte herumgesprochen, dass die Verantwortlichen der Londoner gerade prüfen, wie sie auf dem schnellstmöglichen Weg die Super League wieder verlassen können.
Schnapsidee
Chelsea soll diesen Schritt planen – wie auch Arsenal, Manchester United, Liverpool und Atlético Madrid. Zwei Gründungsmitglieder haben diesen bereits offiziell vollzogen: Manchester City gab um 22.15 Uhr den Austritt aus der erst am Wochenende gegründeten Liga bekannt, Tottenham folgte kurz vor Mitternacht.
Nicht nur diese Vereine sind offensichtlich zur Erkenntnis gekommen, dass die Super League eine Schnapsidee ist, sondern auch der FC Barcelona. Präsident Joan Laporta soll angekündigt haben, die Fans über eine mögliche Teilnahme an der Super League abstimmen zu lassen. „Es ist ihr Klub, also ist es ihre Entscheidung“, wurde Laporta zitiert. Eine Ablehnung der Super League bei einer etwaigen Abstimmung dürfte so gut wie sicher sein.
Je länger der Abend dann dauerte, desto mehr überschlugen sich die Ereignisse. Die Zeit von Ed Woodward als Vorstandschef bei Manchester United ging zu Ende. Der bei den United-Fans ungeliebte, von der Glazer-Familie eingesetzte Geschäftsführer des englischen Rekordmeisters wird nach dem SuperLeague-Desaster mit Jahresende seinen Hut nehmen.
Und auch Andrea Agnelli, wie Woodward einer der Architekten der Super League, soll seinen Job als Juventus-Boss schon los sein. Der Italiener war am Montag als Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees und als Vorstandsvorsitzender der europäischen Klubvereinigung ECA zurückgetreten.
Dienstagnacht gab es eine kurzfristig anberaumte Konferenz der elf noch verbliebenen Super-League-Gründer, in der aller Voraussicht nach das Ende des höchst umstrittenen Projekts besiegelt wird.
Die kollabierende Super League könnte in England sogar für eine echte Revolution sorgen. Die britische Regierung spielt nämlich als Konsequenz aus den jüngsten Ereignissen angeblich mit dem Gedanken, eine „50+1“-Regel nach deutschem Vorbild einführen zu wollen. Damit wäre die Zeit des ungebremsten Geldausgebens durch Eigentümer aus Arabien, Russland oder den USA wohl vorbei.
Letzter Verteidiger
Nur einer konnte den Widerstand nicht verstehen: Florentino Perez. Der Boss von Real Madrid verteidigte die Super League. „Alles, was ich tue, ist zum Wohl des Fußballs.“In erster Linie gehe es ihm um seinen Klub, den ein Schuldenberg drückt. „Es geht darum, den „Fußball zu retten, damit wir zumindest für die nächsten 20 Jahre in Ruhe leben können. 2024 sind wir alle tot“, betonte der 74-Jährige.
Wenigstens einen Erfolg konnten die Gründer der Super League feiern. Das Handelsgericht Nummer 17 in Madrid hat den Verbänden FIFA und UEFA sowie den diesen angeschlossenen Organisationen und Ligen jede Sanktion oder andere Maßnahmen gegen die Gründerklubs untersagt.
Das Urteil ist auf Antrag des für den neuen Wettbewerb zuständigen Unternehmens European Superleague Company SL gefällt worden, hieß es in spanischen Medien. Im „vorsorglichen Urteil“, das eine aufschiebende Wirkung bis zu einer Einigung oder einem Urteil einer höheren Instanz hat, werden Sanktionen ausdrücklich verboten.