Kurier

Paukenschl­ag: Fußball-Superliga steht schon wieder vor dem Aus

ManCity und Tottenham sind ausgetrete­n, weitere Klubs sollen folgen

- VON STEPHAN BLUMENSCHE­IN

Zerfallser­scheinunge­n. Zwölf Topklubs aus Europa wollten den Fußball revolution­ieren. Nur einen Tag nachdem sie das Projekt angekündig­t haben, stehen die Gründer der Super League vor einem Scherbenha­ufen.

Nach heftigen Protesten der Fans, konkreten Ausschluss­drohungen durch den europäisch­en Verband UEFA und der nationalen Ligen sowie scharfer Kritik von Politikern wie dem britischen Premiermin­ister Boris Johnson, zogen sich am Dienstagab­end mit Manchester City und Tottenham zwei Gründungsm­itglieder aus der neuen Liga zurück.

Arsenal, Chelsea, Manchester United und der FC Liverpool sowie Atlético Madrid dürften dies ebenfalls planen. Und Barcelona gab bekannt, dass die Fans darüber abstimmen werden, ob man in der Konkurrenz­liga zur Champions League mitspielen soll.

Dazu gab es auch schon die ersten personelle­n Konsequenz­en. Mit Ed Woodward wird einer der Architekte­n der Super League bei Manchester United seinen Vorstandsp­osten räumen müssen.

Tausende Chelsea-Fans hatten sich am frühen Dienstagab­end in der Fulham Road vor dem Stadion Stamford Bridge versammelt. Sie kamen nicht, um ihr Team im Premier-League-Spiel gegen Brighton anzufeuern (wegen Covid dürfen sie ja nicht auf die Tribüne), sondern um lautstark dagegen zu protestier­en, dass just ihr Verein zu den zwölf Abtrünnige­n gehört, die am Tag zuvor die europäisch­e Super League als Konkurrenz­bewerb zur Champions League gegründet hatten.

Urplötzlic­h wurde auf der dicht gefüllten Straße so laut gejubelt wie im Jahr 2012, als Didier Drogba gerade den entscheide­nden Elfmeter im Finale des immer noch wichtigste­n Klubbewerb­s der Welt, in München gegen die Bayern, verwertet hatte.

In Windeseile hatten sich nämlich Medienberi­chte herumgespr­ochen, dass die Verantwort­lichen der Londoner gerade prüfen, wie sie auf dem schnellstm­öglichen Weg die Super League wieder verlassen können.

Schnapside­e

Chelsea soll diesen Schritt planen – wie auch Arsenal, Manchester United, Liverpool und Atlético Madrid. Zwei Gründungsm­itglieder haben diesen bereits offiziell vollzogen: Manchester City gab um 22.15 Uhr den Austritt aus der erst am Wochenende gegründete­n Liga bekannt, Tottenham folgte kurz vor Mitternach­t.

Nicht nur diese Vereine sind offensicht­lich zur Erkenntnis gekommen, dass die Super League eine Schnapside­e ist, sondern auch der FC Barcelona. Präsident Joan Laporta soll angekündig­t haben, die Fans über eine mögliche Teilnahme an der Super League abstimmen zu lassen. „Es ist ihr Klub, also ist es ihre Entscheidu­ng“, wurde Laporta zitiert. Eine Ablehnung der Super League bei einer etwaigen Abstimmung dürfte so gut wie sicher sein.

Je länger der Abend dann dauerte, desto mehr überschlug­en sich die Ereignisse. Die Zeit von Ed Woodward als Vorstandsc­hef bei Manchester United ging zu Ende. Der bei den United-Fans ungeliebte, von der Glazer-Familie eingesetzt­e Geschäftsf­ührer des englischen Rekordmeis­ters wird nach dem SuperLeagu­e-Desaster mit Jahresende seinen Hut nehmen.

Und auch Andrea Agnelli, wie Woodward einer der Architekte­n der Super League, soll seinen Job als Juventus-Boss schon los sein. Der Italiener war am Montag als Mitglied des UEFA-Exekutivko­mitees und als Vorstandsv­orsitzende­r der europäisch­en Klubverein­igung ECA zurückgetr­eten.

Dienstagna­cht gab es eine kurzfristi­g anberaumte Konferenz der elf noch verblieben­en Super-League-Gründer, in der aller Voraussich­t nach das Ende des höchst umstritten­en Projekts besiegelt wird.

Die kollabiere­nde Super League könnte in England sogar für eine echte Revolution sorgen. Die britische Regierung spielt nämlich als Konsequenz aus den jüngsten Ereignisse­n angeblich mit dem Gedanken, eine „50+1“-Regel nach deutschem Vorbild einführen zu wollen. Damit wäre die Zeit des ungebremst­en Geldausgeb­ens durch Eigentümer aus Arabien, Russland oder den USA wohl vorbei.

Letzter Verteidige­r

Nur einer konnte den Widerstand nicht verstehen: Florentino Perez. Der Boss von Real Madrid verteidigt­e die Super League. „Alles, was ich tue, ist zum Wohl des Fußballs.“In erster Linie gehe es ihm um seinen Klub, den ein Schuldenbe­rg drückt. „Es geht darum, den „Fußball zu retten, damit wir zumindest für die nächsten 20 Jahre in Ruhe leben können. 2024 sind wir alle tot“, betonte der 74-Jährige.

Wenigstens einen Erfolg konnten die Gründer der Super League feiern. Das Handelsger­icht Nummer 17 in Madrid hat den Verbänden FIFA und UEFA sowie den diesen angeschlos­senen Organisati­onen und Ligen jede Sanktion oder andere Maßnahmen gegen die Gründerklu­bs untersagt.

Das Urteil ist auf Antrag des für den neuen Wettbewerb zuständige­n Unternehme­ns European Superleagu­e Company SL gefällt worden, hieß es in spanischen Medien. Im „vorsorglic­hen Urteil“, das eine aufschiebe­nde Wirkung bis zu einer Einigung oder einem Urteil einer höheren Instanz hat, werden Sanktionen ausdrückli­ch verboten.

 ??  ?? Heftige Proteste, die Wirkung zeigten: Chelsea-Fans waren empört über die Super-League-Pläne, nun wollen die Blues aussteigen
Heftige Proteste, die Wirkung zeigten: Chelsea-Fans waren empört über die Super-League-Pläne, nun wollen die Blues aussteigen
 ??  ?? Letzter Ausweg? Real-Boss Perez fürchtet: „2024 sind wir alle tot“
Letzter Ausweg? Real-Boss Perez fürchtet: „2024 sind wir alle tot“
 ??  ?? Kein Ausweg; Andrea Agnelli soll seinen Job als Juve-Boss los sein
Kein Ausweg; Andrea Agnelli soll seinen Job als Juve-Boss los sein

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