Mit einem neuen Beruf aus der Krise
Corona zwingt viele Arbeitnehmer, beruflich andere Wege einzuschlagen. Was steckt dahinter?
Corona zwingt viele Arbeitnehmer, beruflich andere Wege einzuschlagen. Einfach ist das nicht. Aber manche haben es bereits geschafft. So etwa Anja Kropiunik. Sie war Flugbegleiterin und arbeitet jetzt in einem Labor.
Grenzsoldat beim Bundesheer statt Barkeeper, Pflegeassistent statt Kellner, Laborkraft statt Flugbegleiterin: Nach mehr als einem Jahr CoronaPandemie können oder wollen viele Arbeitnehmer nicht mehr in ihrem alten Beruf weiterarbeiten – und haben umgesattelt. Die einen wollen nicht nur tatenlos zu Hause herumsitzen oder sehen keine Perspektive mehr in ihrer krisengebeutelten Branche. Die anderen liebäugeln ohnehin mit einer neuen Herausforderung (siehe Beispiele unten).
Eine Krise, so wissen Arbeitsmarktexperten, ist immer eine Zeit der großen beruflichen Veränderungen. Laut einer Umfrage im Auftrag des Jobportals karriere.at denkt derzeit jeder fünfte Arbeitnehmer in Österreich darüber nach, den aktuellen Job zu wechseln. Besonders junge Menschen, Personen in Kurzarbeit sowie Beschäftigte in der Bundeshauptstadt seien an einem Jobwechsel interessiert, sagt der karriere.at-Geschäftsführer Georg Konjovic.
Großer Job-Frust
Wegen der hohen konjunkturellen Unsicherheit dämpfe die Krise die Wechselbereitschaft generell etwas, zugleich steige aber die Unzufriedenheit in der Arbeit und der Wunsch nach einem krisensicheren Job. Immerhin 15 Prozent der befragten Arbeitnehmer sagen, dass sie mit ihrem derzeitigen Job nicht glücklich sind und sich beruflich verändern wollen.
Die Gelegenheit für einen Berufswechsel ist günstig, denn das AMS hat den Schulungsturbo für den Aufschwung voll angeworfen.
Im März befanden sich fast 77.000 Arbeitsuchende in einer Aus- und Weiterbildung oder Umschulung. Das ist immerhin um ein Drittel mehr als noch vor einem Jahr.
Wie viele echte Branchenwechsler darunter sind, lässt sich aus der Statistik nicht ablesen, die Krise hinterlässt aber auffällige Spuren. So hat sich die Zahl der Schulungsteilnehmer aus der Hotellerie und Gastronomie im Jahresabstand auf rund 10.000 verdoppelt. Jeweils weitere 10.000 Teilnehmer kommen aus Handels- und Büroberufen, immerhin 2.000 Kursteilnehmer sind Friseure, weitere 2.000 kommen aus dem Kulturbereich.
Abschlüsse nachholen
Franz-Josef Lackinger, Geschäftsführer beim bfi Wien, einem der größten Schulungspartner des AMS, bestätigt den derzeit stärksten Zulauf aus dem Tourismus. In eine fremde Branche wechseln, etwa in den Pflege- oder Gesundheitssektor, möchte aber nur ein Teil davon. Die meisten würden sich jetzt im Lockdown weiterqualifizieren. „Aktuell sehen wir eine deutliche Zunahme bei der Nachfrage nach Schul- und Berufsabschlüssen“, erzählt Lackinger. „Angesichts der Tatsache, dass ein Lehrabschluss das Risiko, arbeitslos zu werden gegenüber einem Pflichtschulabschluss drittelt, ein sehr erfreulicher Trend.“
Abgesehen vom Tourismus seien die Felder IT- und Technik, insbesondere Elektro- und Metalltechnik sowie Gesundheit sehr gefragt. Deutlich mehr Kursbesucher gebe es aber auch bei Ausbildungen im Bereich Meditation, Zeitmanagement und Coaching. Ein Indiz dafür, dass viele Menschen die Krise nutzen, um ihre „Soft Skills“zu verbessern.