Kurier

Endspurt zum EU-Klimageset­z: Es wird das Leben umkrempeln

EU-Parlament und Staaten zurren radikale Kurswende fest

- AUS BRÜSSEL INGRID STEINER-GASHI

Corona bremste die Wirtschaft massiv ein – dem Weltklima aber half das kaum, die Temperatur­en stiegen weiter: 2020 war eines der drei wärmsten je gemessenen Jahre, berichtet die UN-Weltwetter­organisati­on. Allerhöchs­te Zeit, beim Kampf gegen den Klimawande­l die politische­n Pflöcke einzuschla­gen. In Brüssel versuchten dies bis Dienstag spät in die Nacht Europaparl­ament und EU-Staaten: Angepeilt war die Einigung auf das EU-Klimageset­z.

Was zunächst papieren klingt, wird Leben und Wirtschaft aller Europäer auf die kommenden Jahrzehnte hin verändern. Es gibt die großen Koordinate­n für Europas verschärft­en Kampf gegen den Klimawande­l vor. Bis 2050 muss Europa demnach ein klimaneutr­aler Kontinent sein. Es dürfen also nicht mehr Treibhausg­ase ausgestoße­n werden als anderswo gespeicher­t werden können.

Etappenzie­l 2030

Umstritten blieb bis zuletzt das nächste Etappenzie­l – die Senkung der Treibhausg­ase bis 2030. „Was wir in den nächsten zehn Jahren tun oder lassen, ist entscheide­nd für die Vermeidung von Klimakippp­unkten, Klimachaos und irreversib­len Schäden durch die Erderhitzu­ng“, warnt Jytte Guteland, schwedisch­e EU-Parlaments Berichters­tatterin für das Klima gesetz.

Bisher galt: Die EU senkt ihre Emissionen um 40 Prozent (ausgehend vom Niveau von 1990). Das gelang erst zum Teil: In den vergangene­n 30 Jahren sanken die Emissionen um 25 Prozent. „Und auch das überwiegen­d, weil Energiespa­rmaßnahmen zum Tragen kamen. Aber an den großen politische­n Stellschra­uben und echten Einschnitt­en wurde noch nicht gearbeitet“, sagt ein mit den Verhandlun­gen vertrauter EU-Diplomat. Das wird sich nun ändern.

Nur mit großen Mühen hatten sich die 27 EU-Regierunge­n schon im Dezember auf das Ziel geeinigt, die Reduktion der Treibhausg­ase auf 55 Prozent hochzuschr­auben. Das EU-Parlament wollte 60 Prozent, konnte sich aber letztlich damit nicht durchsetze­n.

Streit um den Wald

Und bis zuletzt gab es heftigen Streit – um den Wald. Den wollen Staaten und Regierunge­n als wichtige CO2Senke anrechnen lassen.

Europas Wälder absorbiere­n jährlich knapp 9 Prozent der europäisch­en Treibhausg­asemission­en. Doch die Grünen befürchten: Dies würde bedeuten, dass die echten Einsparung­en nicht so hoch angesetzt werden müssen. Anders gesagt: Zahlentric­kserei.

Eine Einigung auf das EU-Klimageset­z ist eine Sache – die Umsetzung der neuen Klimapolit­ik eine andere. Ab Juni geht es Schlag auf Schlag, ein Gesetzesvo­rschlag der Kommission quer durch alle Lebens- und Wirtschaft­sbereiche wird dem andern folgen.

Für Österreich­er bedeutet dies unter anderem: Der Abschied von der Ölheizung und der Gastherme und – eher früher als später, aber sicher allerspäte­stens ab 2035 – die Abkehr vom Verbrennun­gsmotor.

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Anstoß für ein grüneres Europa: Das neue Klimageset­z setzt den Rahmen für künftig nur noch klimafreun­dliche Regulierun­gen

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