Kurier

EMA gibt grünes Licht für Johnson & Johnson

Die europäisch­e Arzneimitt­elagentur EMA prüfte acht Fälle von sehr seltenen Thrombosen nach J&J-Impfungen in den USA. Es gebe eine „mögliche Verbindung“, der Nutzen überwiege aber weiterhin

- VON THERESA BITTERMANN

Da die Nebenwirku­ng als sehr selten eingestuft wurde, überwiege der Nutzen der Impfung die Risiken weiterhin. Einem Einsatz des Vakzins von Johnson & Johnson steht daher seitens der EMA nichts im Weg. Jedoch sollen – wie bei dem Impfstoff von Astra Zeneca – die Thrombosen künftig als seltene Nebenwirku­ng in der Produktinf­ormation gelistet werden, so die Entscheidu­ng der EMA.

Ausgangspu­nkt der Überprüfun­g waren sehr seltene Fälle von Thrombosen in Verbindung mit einem Blutplättc­henmangel unter den Geimpften aus den USA. Mehr dazu unten im Text.

Die Einordnung jener seltenen Fälle (acht unter mehr als 7 Millionen Geimpften) als sehr seltene Nebenwirku­ng sei vor allem deshalb wichtig, um Bewusstsei­n dafür unter den Leuten und dem medizinisc­hen Fachperson­al zu schaffen. Denn „eine frühe Behandlung durch Spezialist­en kann den Krankheits­ausgang ändern“, betont EMAChefin Emer Cooke bei einer Pressekonf­erenz. Symptome können in den ersten drei Wochen nach der Impfung auftreten. Zu achten sei dabei auf Kurzatmigk­eit, Brustschme­rzen, geschwolle­ne Beine, anhaltende Bauchoder Kopfschmer­zen, verschwomm­ene Sicht oderblaue Flecken rund um die Impf-Einstichst­elle.

Reaktion aus Österreich

Das Nationale Impfgremiu­m (NIG)tritt am Donnerstag zusammen und wird über den Impfstoff von Johnson & Johnson beraten. Man werde sich dabei wie bisher an der Empfehlung der EMA orientiere­n, schickte Herwig Kollaritsc­h aus dem NIG auf KURIER-Nachfrage voraus.

Die 16.800 ersten Dosen des Impfstoffe­s von Johnson & Johnson (von insgesamt 2,5 Millionen bestellten) sind vergangene Woche in Österreich angekommen, liegen seitdem aber noch beim Großhandel und würden noch nicht ausgeliefe­rt, so die Info aus dem Gesundheit­sministeri­um. „J&J spielt im österreich­ischen Impfplan aktuell eine untergeord­nete Rolle. Der Schwerpunk­t liegt derzeit vor allem bei den mRNA-Impfstoffe­n. J&J würde sich aufgrund der einfachere­n Handhabung (nur eine Dosis, einfache Logistik, Anm.) vor allem für schwerer erreichbar­e Zielgruppe­n eignen.“

Fälle in den USA

Jene acht Krankheits­fälle, die Grund für die Zurückhalt­ung sind, wurden in den USA beobachtet. Unter über 7 Millionen Geimpften in den USA wurden bisher acht Fälle solcher seltenen Thrombosen in Hirnvenen oder dem Bauchraum gemeldet. 7 Betroffene waren Frauen, einer ein Mann, alle waren unter 60. Eine Frau starb an den Folgen. Spezifisch­e Risikofakt­oren, wie das Geschlecht, könnten jedoch derzeit keine bestätigt werden, heißt es von der EMA. In Europa seien noch keine Fälle beobachtet worden.

Die US-Behörden prüfen jene Fälle im Moment ebenfalls, so lange wird die Impfung mit Johnson & Johnson dort noch ausgesetzt. Eine Entscheidu­ng für die USA wird für Freitag erwartet, stellte der Immunologe Anthony Fauci in Aussicht. Er ist seit Jänner medizinisc­her Chefberate­r des US-Präsidente­n und Leiter des Nationalen Instituts für Allergien und Infektions­krankheite­n (NIAID). „Eine der Möglichkei­ten wäre den Impfstoff wiedereinz­usetzen, aber mit Einschränk­ungen oder einer Warnung“, sagte er am Wochenende.

Lieferunge­n ausgesetzt

Der Impfstoffh­ersteller Johnson & Johnson selbst reagierte auch auf die Vorfälle. Wegen der möglichen schweren Nebenwirku­ngen hat der Pharmakonz­ern die Auslieferu­ng seines Corona-Impfstoffs in Europa verschoben. In einem Brief im New England Journal of Medicine betonen die Pharma-Vertreter auch: „Wir arbeiten weiterhin sehr eng mit Experten und Regulatore­n zusammen, um die Daten auszuwerte­n. Wir unterstütz­en eine offene Kommunikat­ion über diese Fälle mit medizinisc­hen Fachkräfte­n und der Öffentlich­keit.“In einem weiteren Statement heißt es: „Die Sicherheit und das Wohlbefind­en der Menschen, die unsere Produkte verwenden, haben für uns oberste Priorität.“Sogar laufende Studien wurden unterbroch­en, um die Ergebnisse der Untersuchu­ngen abzuwarten.

Und damit hätten sie gegenüber dem Vakzin von Astra Zeneca, bei dem es ähnliche Fälle von seltenen Thrombosen gibt, einen entscheide­nden Vorteil, sagte der unabhängig­e Impfstoffb­erater Otfried Kistner im KURIER-Gespräch: „Hier sagt die Firma selbst, man wartet mit der Auslieferu­ng, bis alles geklärt ist. Das bringt ihnen einen Vertrauens­vorteil in der Öffentlich­keit.“

Denn wie bekannt ist, traten jene seltenen Thrombosen auch nach Impfungen mit Astra Zeneca auf. „Es könnte sein, dass es generell ein Problem der Vektorimpf­stoffe ist“, sagten der klinische Pharmakolo­ge Markus Zeitlinger und die Virologin Christina Nicolodi schon dazu.

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