Wunsch und Wirklichkeit
Es klingt absurd: In normalen Jahren, wenn nicht gerade eine Pandemie die Tourismusbranche lahm legt, importiert Österreich das Fleisch von 100.000 Kälbern. Um genügend Wiener Schnitzel auf Lager zu haben. Im Gegenzug werden bis zu 60.000 Kälber aus Österreich auf die Reise geschickt – vor allem Richtung Niederlanden. Dort, wo die großen Industrieställe stehen, in denen Tiere mit einem billigen Gemisch aus Milchpulver, Palmölfett und Maismehl hochgezogen und dann zur Schlachtbank geführt werden. Das Fleisch geht dann wieder auf Reisen – und landet zum Beispiel auf österreichischen Tellern.
Der Konsument schaut gerne weg. Er behauptet zwar in Umfragen, dass er für Tierwohl gern das Geldbörsel öffnet, hat aber längst keine Ahnung mehr, wie es in den Ställen zugeht und was ein fairer Preis für ein Stück Fleisch ist. Agrarvertreter fordern, dass die verpflichtende Herkunftskennzeichnung auch in der Gastronomie und bei verarbeiteten Industrieprodukten kommt. Über die Haltungsbedingungen vor Ort sagt diese aber rein gar nichts aus. am Donnerstag ist bei uns Schnitzeltag. Wir stehen auch letztlich im Wettbewerb mit anderen Gasthäusern in der Region. Wir müssen also mitspielen, um unter der Woche Frequenz ins Haus zu bringen. Und nicht jeder Gast, der dann zu uns kommt, isst auch ein Schnitzel. Außerdem haben wir noch den Getränkeumsatz. Somit ist diese Aktion auf alle Fälle wirtschaftlich tragbar.
Pollak: Im Vergleich zu polnischer Ware haben Sie im Großhandel oft einen Preisaufschlag von 100 Prozent bei Putenschnitzeln.
Herr Strasser, Großküchen – etwa in Heimen – kalkulieren oft mit weniger als 3,50 Euro pro Person und Tag. Wie soll sich das ausgehen mit Ware „Made in Austria“?
Strasser: Hier wird es sicher den einen oder anderen Euro mehr im Einkaufsbudget brauchen, wenn wir wollen, dass mehr österreichische Qualität, Tierwohl und Klimaschutz auf den Teller kommt. Das ist eine ganz klare politische Verantwortung.
Die verpflichtende Herkunftskennzeichnung ist derzeit noch nicht viel mehr als ein Verordnungsentwurf. Wann rechnen Sie mit der Umsetzung?
Strasser: Die technischen und juristischen Vorbereitungen sind schon sehr weit fortgeschritten. Die Umsetzung 2021 ist das Ziel.