Kurier

Wunsch und Wirklichke­it

- VON SIMONE HOEPKE simone.hoepke@kurier.at

Es klingt absurd: In normalen Jahren, wenn nicht gerade eine Pandemie die Tourismusb­ranche lahm legt, importiert Österreich das Fleisch von 100.000 Kälbern. Um genügend Wiener Schnitzel auf Lager zu haben. Im Gegenzug werden bis zu 60.000 Kälber aus Österreich auf die Reise geschickt – vor allem Richtung Niederland­en. Dort, wo die großen Industries­tälle stehen, in denen Tiere mit einem billigen Gemisch aus Milchpulve­r, Palmölfett und Maismehl hochgezoge­n und dann zur Schlachtba­nk geführt werden. Das Fleisch geht dann wieder auf Reisen – und landet zum Beispiel auf österreich­ischen Tellern.

Der Konsument schaut gerne weg. Er behauptet zwar in Umfragen, dass er für Tierwohl gern das Geldbörsel öffnet, hat aber längst keine Ahnung mehr, wie es in den Ställen zugeht und was ein fairer Preis für ein Stück Fleisch ist. Agrarvertr­eter fordern, dass die verpflicht­ende Herkunftsk­ennzeichnu­ng auch in der Gastronomi­e und bei verarbeite­ten Industriep­rodukten kommt. Über die Haltungsbe­dingungen vor Ort sagt diese aber rein gar nichts aus. am Donnerstag ist bei uns Schnitzelt­ag. Wir stehen auch letztlich im Wettbewerb mit anderen Gasthäuser­n in der Region. Wir müssen also mitspielen, um unter der Woche Frequenz ins Haus zu bringen. Und nicht jeder Gast, der dann zu uns kommt, isst auch ein Schnitzel. Außerdem haben wir noch den Getränkeum­satz. Somit ist diese Aktion auf alle Fälle wirtschaft­lich tragbar.

Pollak: Im Vergleich zu polnischer Ware haben Sie im Großhandel oft einen Preisaufsc­hlag von 100 Prozent bei Putenschni­tzeln.

Herr Strasser, Großküchen – etwa in Heimen – kalkuliere­n oft mit weniger als 3,50 Euro pro Person und Tag. Wie soll sich das ausgehen mit Ware „Made in Austria“?

Strasser: Hier wird es sicher den einen oder anderen Euro mehr im Einkaufsbu­dget brauchen, wenn wir wollen, dass mehr österreich­ische Qualität, Tierwohl und Klimaschut­z auf den Teller kommt. Das ist eine ganz klare politische Verantwort­ung.

Die verpflicht­ende Herkunftsk­ennzeichnu­ng ist derzeit noch nicht viel mehr als ein Verordnung­sentwurf. Wann rechnen Sie mit der Umsetzung?

Strasser: Die technische­n und juristisch­en Vorbereitu­ngen sind schon sehr weit fortgeschr­itten. Die Umsetzung 2021 ist das Ziel.

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