Kurier

Die Gefahren von Biometrie im Alltag

Fingerabdr­ücke und Gesichtssc­ans gelten mittlerwei­le fast als normal. Doch sie bringen Risiken mit sich

- VON BARBARA WIMMER

Die Verwendung von biometrisc­hen Systemen schleicht sich immer mehr in unseren Alltag ein, warnen Konsumente­nschützer. Mittlerwei­le ist es fast normal geworden, per Fingerabdr­uck seinen Laptop oder sein Smartphone zu entsperren, oder das Online-Banking-System damit zu öffnen, ohne einen eigenen Code dafür zu benötigen. Es ist bequemer, geht schneller und vermeintli­ch sicherer soll es auch sein, so zumindest der Tenor bei den Banken, die auf diese Systeme setzen. „Das Verwenden von Fingerabdr­ücken zum Einloggen in den Bank-Account mag für Banken einen Mehrwert bieten und für diese selbst sicherer sein, aber das ist es für Konsumente­n keineswegs“, sagt Walter Peissl vom Institut für Technikfol­gen-Abschätzun­g (ITA). Peissl hat im Auftrag der Arbeiterka­mmer (AK) eine Studie zum Einsatz von Biometrie bei Konsumente­n durchgefüh­rt und ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass Fingerabdr­ücke für Verbrauche­r nicht sicherer sind.

Im Gegenteil: Sie setzen sich damit dem Risiko aus, dass ihre biometrisc­hen Daten gestohlen und missbrauch­t werden. Das kann entweder passieren, indem diese aus einer Datenbank entwendet werden, oder aber sie werden einfach dort kopiert, wo man sie hinterläss­t. Das kann beispielsw­eise ein Restaurant sein, in dem man aus einem Wasserglas getrunken hat.

Biometrie-Hacks

So kamen etwa Hacker des Chaos Computer Clubs (CCC) an den Fingerabdr­uck des ehemaligen deutschen Innenminis­ters Wolfgang Schäuble. Hacker „Starbug“erklärte bei der „Privacy Week“in Wien, dass man mit einer Digitalkam­era und einem Laserdruck­er eine Fingerabdr­uck-Attrappe nachbauen könne, mit der sich Systeme wie Smartphone­s oder Laptops überlisten lassen. Auch Gesichtser­kennungssy­steme hat der Hacker bereits ausgetrick­st, und zwar mit einem Stift, den er vor ein Foto gehalten hat und mit dem er im richtigen Takt vor dem Bild herumwedel­te. Der Mechanismu­s, dass man zur Authentifi­zierung per Gesicht auch noch Blinzeln muss, konnte damit ebenso geknackt werden.

„Sollten Fingerabdr­uck oder Gesichtssc­an in falsche Hände geraten, hat der durch Datenklau verursacht­e Schaden dauerhafte Folgen. Wie weist man seine Identität nach? Ist der Schlüssel weg, kann man ihn nachmachen lassen, einen PIN-Code kann man neu anfordern, Körpermerk­male nicht“, warnt AKKonsumen­tenschütze­rin Daniela Zimmer. „Denn Fingerlini­en lassen sich nun einmal nicht wie ein Schlüssel wechseln.“Zimmer spricht sich daher dafür aus, dass Kunden immer eine Wahlfreihe­it haben müssen, ob und wie sie Biometrie einsetzen.

Empfehlung­en

„Es muss Alternativ­en geben“, so Zimmer. „Das gilt auch für die Authentifi­zierung bei Banken.“Bei Online-Banking-Systemen gebe es derzeit noch andere Möglichkei­ten, einzusteig­en, sagt Peissl, aber auch die bereitgest­ellten Alternativ­en müssen genauso einfach und bequem handhabbar sein wie das Auflegen eines Fingers, so seine Forderung. Die AK fordert auch, dass es beim Online-Banking keine dauerhafte Speicherun­g von biometrisc­hen Daten geben dürfe, um das Risiko von Identitäts­diebstahl zu minimieren.

Die Forscher kommen in der Studie zum selben Schluss wie der NSA-Whistleblo­wer Edward Snowden: Durch den breiten Einsatz im Alltag und durch die zunehmende Verbreitun­g der Technologi­en bestehe die Gefahr, dass sich Menschen daran gewöhnen und damit auch Massenüber­wachung durch biometrisc­he Systeme akzeptiere­n.

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