Kurier

Der Mann, der dem Mainstream den Spiegel vorhielt

Der Philosoph Rudolf Burger, brillanter Querdenker im guten Sinn, verstarb 82-jährig

- ANDREAS SCHWARZ

Provokatio­n. Ein Interview mit Rudolf Burger war immer ein Vergnügen. Und immer ein Quell für eine provokante, eine andere Sicht der Dinge, als sie der Mainstream in Gesellscha­ft und Politik gerne vorgegeben hätte. Ihm hielt er den Spiegel vor. Am liebsten in „seinem“Stammcafé, dem Hegelhof in der Wiener Johannesga­sse – dort durfte man rauchen, als es anderswo längst verboten war. „Vielleicht hat die Suche nach vermeintli­cher Freiheit auch mit der Politik zu tun. Da die großen politische­n Visionen verschwund­en sind, erschöpft sich das politische Handeln in einer Mikronormi­erung des Alltags. Helmpflich­t, Rauchverbo­te, Regeln hier und Regeln dort bis in die kleinsten Lebensbere­iche – einzeln vielleicht alle vernünftig, aber in ihrer Gesamtheit ergeben sie einen Rahmen, den ich eigentlich nicht will.“

Das sagte Burger vor zehn Jahren im KURIER – eines von vielen ausführlic­hen Gesprächen. Und es ist so aktuell wie seine Einschätzu­ng der sozialen Netzwerke als „Foren der Unzufriede­nheit“, in denen „saturierte­s Unbehagen“boome, mit dem Politik nicht umgehen könne.

Am Montag ist Rudolf Burger 82-jährige gestorben. Der Philosoph und Querdenker im besten Sinn (was hätte er heute zu dem Begriff gesagt?) studierte Physik, landete im deutschen und im österreich­ischen Wissenscha­ftsministe­rium, habilitier­te sich 1979 für Wissenscha­ftssoziolo­gie. An der Hochschule für Angewandte Kunst wurde er 1991 Vorstand für Philosophi­e, später Rektor.

Burger provoziert­e nicht um der Provokatio­n willen, sondern mit messerscha­rfer Argumentat­ion. Der Vorwurf der „kriegsgeil­en Haltung“der österreich­ischen Außenpolit­ik im Jugoslawie­n-Konflikt brachte ihm Kritik, so wie seine Kritik am Protest gegen die schwarz-blaue Koalition im Jahr 2000 („antifaschi­stischer Karneval“). Aber weil er sich von keiner Position vereinnahm­en ließ, war er unangreifb­ar.

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Er rauchte mit Spitz: Rudolf Burger in seinem Lieblings-Café

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