Kurier

Von Schneepflu­g-Müttern und Schneepf lügen. Wobei nur eines im Bergdorf Bestand hat

- VON ANJA KRÖLL anja.kroell@kurier.at

Grüß Gott. Sind Mütter an allem schuld? Meine trägt zumindest Verantwort­ung für mein Grüß-Verhalten im Bergdorf. Denn ich grüße: Immer. Überall. Jeden.

Keine Sorge, während meiner WienJahre wurde dieses Grüß-Verhalten stark reduziert. Man will ja nicht als verhaltens­auffällig gelten, weil man gut gelaunt einen grantigen Wiener mit einem Gruß herausford­ert. Womöglich noch in der U6. Lebensmüde ist nix dagegen.

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Aber psychologi­sch interessan­t ist das mit dem Grüß-Verhalten schon. Achtung: Kindheitst­rauma incoming. Ich war acht Jahre alt, als ich auf dem Nachhausew­eg von der Volksschul­e aus Versehen einen Gendarmen am Gehsteig nicht gegrüßt habe. Ja, in meiner Kindheit gab es so was noch. Nicht nur Kinder, die nach der Schule allein zu Fuß nach Hause gegangen sind und nicht vom elterliche­n SUV abgeholt wurden, sondern auch Gendarmen.

Jedenfalls stellte der ungegrüßte Uniformier­te die Mutter am nächsten Tag am Dorfplatz zur Rede. Und was machte die Mutter? Nein, die suchte die Schuld nicht im Versagen des Bildungssy­stems oder von dessen Vertretern, die stellte das Kind zur Rede. Und als das Kind nach wenigen Minuten ein vollumfäng­liches Geständnis abgelegt hatte – „I hab’ grad a Schnecken beobachtet“– schleppte die Mutter das Kind auf den Gendarmeri­eposten, platzierte es vor den Schreibtis­ch des Gendarmen, stemmte die Arme in die Hüfte und sagte: „Wie heißt das?“Kind: „Grüß Gott.“Gendarm: „Geht ja.“

*** Die Moral? In meinem Bergdorf fahren Schneepflü­ge nur wenn es schneit. Aber sicher nicht, weil sich Mütter in Schneepflu­g-Mütter verwandeln, die den Kleinen alle Hinderniss­e aus dem Weg räumen wollen.

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