Energiewende „mit einem Fuß auf der Bremse“?
Die Stromproduzenten hoffen auf einen baldigen Beschluss des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes – und auf Änderungen
Ausbauziele. Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) soll unter anderem das Förderregime für den Ökostromausbau festlegen. Die Energiebranche drängt seit Monaten auf einen möglichst baldigen Beschluss, um ihre Investitionen in die verschiedenen Technologien entsprechend planen zu können. VerbundChef Michael Strugl, der auch Präsident der Interessenvertretung der österreichischen E-Wirtschaft ist, hofft allerdings noch auf einige Änderungen im Zuge des parlamentarischen Prozesses.
So sieht der Entwurf zusätzliche ökologische Kriterien bei der Wasserkraft vor. Dass diese auch bei Revitalisierungen gelten, bei denen also bestehende Anlagen effizienter gemacht werden, kann Strugl „überhaupt nicht verstehen“.
Auch an den geplanten Abschlägen bei Förderbeträgen für Freiflächen-Fotovoltaik übt der Branchenvertreter Kritik. Die Nutzung von Freiflächen werde notwendig sein, um das Ausbauziel von elf Terawattstunden (TWh) aus Sonnenenergie zu erreichen, so Strugl. Hier stehe „die Politik mit einem Fuß auf dem Gaspedal, mit dem anderen auf der Bremse“.
Bei der Regelung für die Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaften (EEG) sieht der Branchenvertreter mehrere Probleme. Zwar sei es ein
„richtiger Ansatz, die Betroffenen zu beteiligen“, bei der Integration ins bestehende Stromnetz gebe es aber Komplikationen. Strugl fordert deswegen Übergangsfristen. Bei kleineren Anlagen könnten diese drei bis sechs Monate, bei größeren bis zu zwei Jahre dauern.
Geht es nach Strugl, sollten EEG außerdem keine eigenen Stromnetze betreiben dürfen, denn „Netze sind kritische Infrastruktur“. Hier dürfe es keinen Wettbewerb auf Kosten der Sicherheit geben. Außerdem würde der Aufbau von Parallelstrukturen insgesamt teurer kommen. Drittens wären die im aktuellen Entwurf niedrig veranschlagten Netzzutrittspauschalen
für EEG zwar erfreulich für die Betreiber, aber die Kosten würden effektiv auf die Allgemeinheit der Stromkunden abgewälzt. Das könne politisch gewünscht sein, aber „man muss dann auch dazu stehen“, so Strugl.
Fehlende Regelungen
Bei der Frage ob die kommerzielle Nutzung von grünem Wasserstoff (d. h. gewonnen mit Ökostrom) bis 2030 realistisch ist, „gehen die Expertenmeinungen auseinander“, so Strugl. Vor 2030 werde es aber voraussichtlich nicht gelingen. In einer frühen Phase müsse es deswegen Förderungen geben, damit sich eine Wasserstoffwirtschaft entwickeln kann. Zur Markttauglichkeit
hofft Strugl auf Skaleneffekte. Das EAG beinhaltet einige Punkte zum Thema Wasserstoff, eine kohärente Strategie ist aber noch ausständig.
Beim Energieeffizienzgesetz (EnEffG) ist Österreich in Verzug, denn eine entsprechende EU-Richtlinie von 2018 sollte bereits umgesetzt sein. Demnach muss Österreich seinen Energieverbrauch bis 2030 jährlich um 0,8 Prozent reduzieren. Die größten Potenziale sieht Strugl in den Bereichen Mobilität sowie Heizen und Gebäude. Derzeit beträgt der Anteil erneuerbarer Energien im Verkehrsbereich knapp zehn Prozent, bei Wärme sind es 30 Prozent.