Kurier

Putins Truppen formiert – Kremlchef warnt Westen vor„roter Linie“

In „Rede an die Nation“wird klar, dass Russland nicht nur die Ukraine, sondern auch Belarus im Blick hat

- ULRIKE BOTZENHART

Militär steht bereit. Moskaus Drohkuliss­e ist real: Gut 80.000 russische Soldaten stehen laut dem ukrainisch­en Präsidente­n Selenski an der Grenze im Osten und auf der Krim, weitere 30.000 pro-russische Kämpfer im ukrainisch­en Donbass.

Vor einer Woche hätten zwei US-Vier-Sterne-Generäle a. D., wie sie jetzt wissen ließen, die Gefahr einer Invasion als „gering bis mittel“eingeschät­zt – ebenso wie NATO-Oberbefehl­shaber Tod Wolters. Jetzt stehe militärisc­h aber alles bereit, um Schlimmere­s zu befürchten.

Der russische Präsident warnte am Mittwoch in seiner jährlichen „Rede an die Nation“den Westen denn auch vor dem Überschrei­ten einer

„roten Linie“: „Organisato­ren jedweder Provokatio­nen, die die Kernintere­ssen unserer Sicherheit bedrohen, werden ihre Taten so bereuen, wie sie lange nichts bereut haben“, sagte Wladimir Putin, der dem Westen Umsturzver­suche auf dem Gebiet der früheren Sowjetunio­n vorwarf. Wo diese Linie verlaufe, „das werden wir in jedem konkreten Fall selbst entscheide­n“.

Er sprach von der Ukraine – und von Belarus (Weißrussla­nd), wo ein geplantes Attentat auf Machthaber Alexander Lukaschenk­o vereitelt worden sei. Es könne unterschie­dliche Ansicht zur Politik Lukaschenk­os geben. „Aber die Praxis der Organisati­on von staatliche­n Umstürzen, die Pläne für politische Morde, darunter auch an höchsten Funktionär­en – das geht zu weit. Da sind schon alle Grenzen überschrit­ten.“Einer der zwei festgenomm­enen Verdächtig­en habe einen US-Pass.

Besagter Putschplan „ist Fake“, sagt Gustav Gressel, Sicherheit­sexperte beim Thinktank ECFR (European Council on Foreign Relations). Bei den Festgenomm­enen handle es sich um einen Arzt und einen Literaturw­issenschaf­ter: „Die CIA engagiert einen Philologen für ein Mordkomplo­tt? Blödsinn.“

Belarus in Putins Hand?

Aber diese von Moskau und Minsk georgelte Geschichte könnte Lukaschenk­o den Vorwand liefern, einer Föderation

mit Russland zuzustimme­n, erklärt Gressel: „Lukaschenk­o ist so schwach, will aber sich und seine Familie an der Macht halten“, daher könnte er sich in die Hand Putins begeben.

Schon heute, Donnerstag, will Lukaschenk­o eine „Rede an die Nation“halten und mit Putin telefonier­en. Dieser hat für Freitag den Föderation­srat einberufen: „Den braucht er nur für eine Kriegserkl­ärung oder eine Föderation“, sagt Gressel.

Und der Westen? „Der wäre angesichts der drohenden Kriegsgefa­hr in der Ukraine am Ende froh, wenn es ,nur’ auf eine Föderation hinauslief­e. Dabei verschwind­et aber ein souveräner Staat von der Landkarte.“

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Putin: „Wo rote Linie verläuft, das entscheide­n wir selbst“

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