Kurier

Das legendäre Café Ritter steht vor dem Neustart

Die Gläubiger segnen den Sanierungs­plan für das Kaffeehaus ab, die Inhaberin greift dafür tief in ihre Tasche

- K. MÖCHEL, D. SCHREIBER

Ottakring. „Bei mir rufen Stammgäste an, die mich fragen, ob sie mir Geld überweisen dürfen“, sagt Martina Postl, Inhaberin des Café Ritter im 16. Bezirk. Das Ritter ist legendär – wegen seiner Küche, der Kulturvera­nstaltunge­n, der großzügige­n Kinderspie­lecke und des einladende­n Gastgarten­s. Fußball-Fans wissen auch, dass der als Halbgott verehrte Trainer Ernst Happel gern im Café Ritter zugegen war.

Dennoch musste Postl kämpfen: Die gelernte Bankerin hat in den vergangene­n vier Jahren einen siebenstel­ligen Euro-Betrag in das KaffeeRest­aurant investiert und damit drei Verlustjah­re abgedeckt. Im Jahr 2020 sollte das

Ritter Ottakring erstmals Gewinne schreiben, doch da machte Corona der Inhaberin einen Strich durch die Rechnung: „Sechs Monate null Umsatz, das geht nicht.“

Anfang 2021 musste sie wegen der Covid-Lockdowns dann die Reißleine ziehen und ein Sanierungs­verfahren für ihre Coinberg Café Ritter GmbH beantragen.

Zuvor hatte sich Postl noch um den Einstieg der städtische­n Beteiligun­gsgesellsc­haft „Stolz auf Wien“bemüht. Letztere beteiligt sich aber nur an gesunden Unternehme­n – der Plan scheiterte. „Der Insolvenza­ntrag der Kaffeehaus­betreiberi­n

war ein mutiger Schritt zur richtigen Zeit“, sagt Stephan Mazal vom Gläubigers­chutzverba­nd Creditrefo­rm.

Auch Firmenanwa­lt Matthias Prior meint: „Es war ein sehr vernünftig­er Schritt, weil man die Lockdown-Zeit proaktiv genutzt hat, um an der Restruktur­ierung zu arbeiten. Zugleich wurde das Unternehme­n operativ in einen Winterschl­af versetzt.“

Warten aufs Aufsperren

Das kam auch bei den Gläubigern gut an. Gestern, Mittwoch, segneten sie den Sanierungs­plan ab. Dieser ist aber noch nicht rechtskräf­tig vom Gericht bestätigt, erst anfang Mai läuft die Frist dafür ab. Der Neustart für das Café ist also quasi geebnet.

Der Insolvenzv­erwalter hat rund 405.200 Euro Forderunge­n anerkannt. Doch es sind noch nicht alle Forderunge­n (228.400 Euro) tatsächlic­h angemeldet worden. Die Gläubiger erhalten laut Creditrefo­rm eine Sanierungs­planquote in Höhe von 20 Prozent – bezahlt wird in vier Raten innerhalb von zwei Jahren.

Die Kosten für das Verfahren und die erste Quotenrate wird Postl finanziere­n. Die restliche Quote soll aus dem laufenden Geschäft finanziert werden. Nun wartet Postl ungeduldig darauf, dass sie wieder aufsperren darf.

• Zwischenbi­lanz Nach einigen Monaten zeigte sich: Das Instrument kann einzelne Unternehme­n retten, für die breite Masse ist es nicht geeignet. 60 Unternehme­n wurden seit Mai des Vorjahres geprüft, mit sieben Unternehme­n wurde die Stadt – Stand heute – schließlic­h handelsein­s. Die ersten Unternehme­n, die im Herbst präsentier­t wurden, waren der Juwelier Frey Wille und der Mineralölh­ändler Adamol.

• Kritik der Opposition Ein gefundenes Fressen für die Wiener Opposition, die von der Stadt raschere, unbürokrat­ischere Hilfen einfordert­e. Die „Stolz auf Wien“GmbH wurde zum Spielball im beliebten Match Stadt gegen Bund. Vor allem die Wiener ÖVP nutzte zuletzt jede Gelegenhei­t, um auf die aus ihrer Sicht rascheren Corona-Hilfen des Bundes zu verweisen.

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Das Café Ritter auf der Ottakringe­r Straße stand vor dem Aus: Jetzt gibt es einen Plan für seinen Fortbestan­d

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