Wie das „Fiakerlied“entstanden ist
Zum 100. Todestag seines Schöpfers Gustav Pick
I bin halt a echt’s Weana Kind“ist die bekannteste Zeile aus seinem „Fiakerlied“, dabei war Gustav Pick wie so viele Wiener ein nicht ganz echt’s Weana Kind. Er war im Volksschulalter mit seinen Eltern aus dem ungarischen (und heute burgenländischen) Markt Rechnitz in die Haupt- und Residenzstadt gekommen, wo er es zum wohlhabenden Kaufmann brachte.
Das „Fiakerlied“entstand, wie alle seine Werke: Da der Hobbykomponist Pick fast keine musikalische Ausbildung hatte, setzte er sich ans Klavier, spielte eine Melodie, die ihm gerade einfiel, und sein Freund Dr. Ronsburger schrieb diese in Noten nieder. Nachdem er sich auch einen passenden, den Wiener Fiakern gewidmeten Text erdacht hatte, vermutete Gustav Pick, wieder ein Lied geschrieben zu haben, das wie alle seine anderen keine Beachtung finden würde.
Die Zugkraft der Musik
Doch er sollte sich gründlich täuschen. Wenige Tage nachdem das Lied entstanden war, kam der mit ihm befreundete Graf Hans Wilczek in seine Wohnung. Er sah die Notenblätter auf Picks Schreibtisch, las den Text, war begeistert und ließ sich die Melodie vorspielen. Wilczek erkannte, wie treffend die Wiener Fiaker in dem Lied charakterisiert wurden, und er erkannte auch die Zugkraft der Musik.
Somit war der Schlager geboren, den Wilczek für ein bevorstehendes Fest zum 100jährigen Bestehen der Wiener Fiakerzunft gesucht hatte. Wilczek schlug vor, dass das Lied von Alexander Girardi aus der Taufe gehoben wird.
Doch Girardi gefiel das Lied überhaupt nicht, er weigerte sich vorerst, es zu singen und konnte nur mit Müh und Not dazu gewonnen werden. Die Uraufführung fand am 24. Mai 1885 in der Rotunde im Prater statt. Girardi fuhr als Fiaker verkleidet in einem offenen Zweispänner vor, entstieg der Kutsche und sang das „Fiakerlied“vor Tausenden Gästen, darunter viele Fiaker. Der Volksschauspieler wurde vom Publikum immer wieder durch lautstarken Applaus unterbrochen und musste jede Strophe mehrmals wiederholen. Wiens Lohnkutscher bemerkten sofort, dass ihr Berufsstand durch dieses Lied eine einzigartige Aufwertung erfahren hatte.
Ein Wiener Kleinod
Als das „Fiakerlied“nach der dritten Zugabe verklungen war und der Beifallssturm noch immer nicht enden wollte, ging Girardi auf Gustav Pick zu und drückte ihm die Hand – als wollte er sich dafür entschuldigen, die Kostbarkeit dieses Wiener Kleinods nicht erkannt zu haben.
Gustav Pick starb vor 100 Jahren, am 29. April 1921, im Alter von 88 Jahren und wurde am Zentralfriedhof beigesetzt. Zu seinem Begräbnis erschienen Hunderte Fiaker in pferdebespannten Kutschen, um ihm das letzte Geleit zu geben. Sie haben nie vergessen, dass Pick ihnen ein einzigartiges Denkmal gesetzt hatte.
Das „Fiakerlied“zählt auch heute noch zu den populärsten Wienerliedern.