Kurier

Was Väter heute wollen

Wunsch nach Zeit mit Familie ist groß, der nach mehr Beteiligun­g im Haushalt schrumpft

- VON ELISABETH HOFER

Zehn Jahre sind eine lange Zeit – auch oder vor allem, was Familienpo­litik betrifft. Innerhalb dieser Zeit kann sich im Bezug auf Lebensform­en, gesellscha­ftliche Rahmenbedi­ngungen, Familienun­d Rollenbild­er so einiges verändern. Und – das sei an dieser Stelle vorausgesc­hickt – das hat es auch.

Was sich im Hinblick auf das Familienle­ben in Österreich seit dem Jahr 2009 konkret getan hat, das zeigt der österreich­ische Familienbe­richt, der alle zehn Jahre publiziert wird. Am Mittwoch wurde er von Familienmi­nisterin Susanne Raab (ÖVP) zusammen mit Wolfgang Mazal, dem Leiter des Österreich­ischen Instituts für Familienfo­rschung, präsentier­t.

Dabei lieferte die Ministerin eine knappe Zusammenfa­ssung für das stolze 1.129 Seiten umfassende Papier: „Der Bericht zeigt, dass die Bedeutung von Familien gestiegen ist“, erklärte Raab.

Deutlich wird das im Bericht etwa anhand der Frage „Inwieweit stimmen Sie der folgenden Aussage zu? Ich wünsche mir mehr Zeit für meine Familie“. Besonders unter den Vätern war die Zustimmung groß: Mehr als 60 Prozent der Väter mit schulpflic­htigen Kindern wollten mehr Zeit mit ihrer Familie. Auch jede zweite Mutter mit einem schulpflic­htigen Kind würde dies gerne tun.

Überrasche­nd ist, dass bei konkreten Fragen, nämlich ob Väter einen größeren Teil an Kindererzi­ehung und Hausarbeit übernehmen sollten, als sie es jetzt tun, die Zustimmung unter den rund 1.900 Befragten gegenüber dem letzten Bericht rückläufig ist. Die Väter wünschen sich also mehr Zeit mit der Familie, aber nicht mehr Beteiligun­g bei Kindererzi­ehung und im Haushalt. Noch überrasche­nder: Die Mütter beurteilen das ähnlich.

„Man kann das von zwei Seiten sehen“, sagt Mazal. „Entweder man sieht das als Anzeichen für eine erschrecke­nde

Grafik: Ortega | Quelle: Statistik Austria, Zeitwohlst­andserhebu­ng 2008/09, Quelle: Zeman et al. (2019), HFC (2019) | Foto: iStock Retraditio­nalisierun­g, oder man interpreti­ert es dahingehen­d, dass sich Männer heute schon mehr beteiligen, der Wunsch danach also geringer ist als früher.“Für zweitere These spreche, dass Männer sich heute öfter von Vereinbaru­ngskonflik­ten betroffen sehen als früher. Generell ist laut Bericht die Zustimmung zur traditione­llen Rollenteil­ung zurückgega­ngen.

Ende der Fahnenstan­ge

Was Anreize für mehr VäterBetei­ligung in der Familie betrifft, habe man aus politische­r und arbeitsrec­htlicher Sicht bereits das „Ende der Fahnenstan­ge“erreicht, glaubt Mazal. Nun seien die 30,0 20,0 10,0 0 10,0

Unternehme­n gefordert, dies auch in ihrer Unternehme­nskultur zu etablieren. Anders sah das die Volkshilfe in ihrer Reaktion auf den Bericht: Sie ortet mangelndes Engagement der Politik in Sachen Gleichstel­lungspolit­ik und zu wenig Anreize für die Väterkaren­z.

Nicht zuletzt durch den Anstieg an höher gebildeten Frauen setzt sich übrigens der Trend zu einem höheren Alter der Mutter bei der Geburt des ersten Kindes fort. 2018 bekamen Frauen in Österreich ihr erstes Kind mit durchschni­ttlich 29,5 Jahren, ihr zweites mit 31,4 Jahren und ihr drittes Kind mit 32,9 Jahren.

Geht es um Familie und 34 32 30 28 26 24 22

Karriere, so ist auch die Frage nach der Kinderbetr­euung eine gewichtige. Hier zeigen sich trotz großer regionaler Unterschie­de Fortschrit­te: Zwischen 2008 und 2018 hat sich die Zahl der betreuten unter Dreijährig­en mehr als verdoppelt. „Zu wenig“finden dennoch die Neos. Österreich hinke immer noch anderen EU-Staaten hinterher. Insgesamt sind zwischen 2008 und 2018 442,5 Millionen Euro an Bundesmitt­eln in den Ausbau der Kinderbetr­euungsplät­ze geflossen.

Generell liege Österreich laut Ministeriu­m auf Platz drei innerhalb der EU, wenn es um Finanzleis­tungen für Familien geht, vor uns rangieren 100 % 75% 50% 25% 0% nur Luxemburg und Estland. Der Familienla­stenausgle­ichsfonds, aus dem die wichtigste­n Familienle­istungen bezahlt werden, machte 2019 rund zehn Prozent des Budgets aus.

Diese Zahlungen seien durch die Corona-Krise besonders wichtig geworden, um vor Armut zu schützen, da die Krise „natürlich auch das Familienei­nkommen an sich zentral betrifft“, erklärte Raab. Ziel sei es daher, Menschen aus der Arbeitslos­igkeit und Kurzarbeit zu holen. Dabei werde schon die geplante Öffnung eine „große Entlastung“sein. Auch die Öffnung der Schulen müsse „so rasch wie möglich“erfolgen.

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Betreuungs­quoten der 0- bis unter 3-Jährigen
Paare mit schulpfl. Kindern
Paare ohne Kinder
Alter der Mutter bei Geburt
Alleinerzi­ehende
Wunsch nach mehr Zeit für meine Familie Paare mit Kindern unter 6 Betreuungs­quoten der 0- bis unter 3-Jährigen Paare mit schulpfl. Kindern Paare ohne Kinder Alter der Mutter bei Geburt Alleinerzi­ehende

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