Kurier

Lilli Hollein kommt – und Johanna Rachinger möchte bleiben

- VON THOMAS TRENKLER thomas.trenkler@kurier.at

Viele hätten es gerne gesehen, wenn Max Hollein, der Direktor des Metropolit­an Museum of Art in New York, mit der Leitung des Kunsthisto­rischen Museums beauftragt worden wäre. Doch die Rückholung des erfolgreic­hen Managers scheiterte.

Aber der Sohn des Architekte­n Hans Hollein hat auch eine drei Jahre jüngere, unglaublic­h dynamische, erfrischen­d quirlige Schwester. Und wenn die Spatzen auf den Dächern nicht irren (das ist so gut wie ausgeschlo­ssen), wird eben Karoline Hollein, genannt Lilli, ein Bundesmuse­um leiten: das MAK.

Peter Noever hatte das Museum der angewandte­n Kunst zu einer hippen Institutio­n gemacht, bevor er im Februar 2011 ruhmlos zurücktret­en musste. Nachfolger Christoph Thun-Hohenstein führte das Haus in ruhigere Gewässer, er sorgte für Seriosität, er schärfte das Profil, er verzichtet­e auf Noevers Spielwiese, die zeitgenöss­ische Kunst, und verfolgte ein ehrbares Ziel: das Umdenken angesichts des Klimawande­ls. Thun-Hohenstein hat sich also nichts vorzuwerfe­n.

Aber Lilli Hollein ist nicht nur vom Fach, sondern auch ein Wirbelwind. Dies bewies die an der Angewandte­n ausgebilde­te Industried­esignerin als Direktorin des von ihr 2007 mitbegründ­eten Festivals Vienna Design Week: Sie fand Jahr für Jahr aufregende Locations und präsentier­te alle aktuellen Tendenzen der Szene.

Möglicherw­eise macht man ihr – wie der Standard es tat – zum Vorwurf, im Kuratorium des MAK gesessen zu sein, also über beträchtli­ches Insiderwis­sen zu verfügen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sie in Hinblick auf die Bewerbung im Februar aus dem Kontrollor­gan ausschied. Anderersei­ts muss es immer das Ziel sein, Kuratorien mit den besten Kräften zu besetzen. Und dass

Lilli Hollein, Jahrgang 1972, das Zeug zur Direktorin hat, weiß man seit Längerem.

Mit ihrer Bestellung – die Bekanntgab­e soll demnächst erfolgen – hätte Kulturstaa­tssekretär­in Andrea Mayer ein Zeichen gesetzt. Im Falle der Nationalbi­bliothek würde ihr das nicht so problemlos gelingen.

Dieser Tage wurde von der ÖNB der Jahresberi­cht 2020 versandt. Er liest sich wie ein Bewerbungs­schreiben von Generaldir­ektorin Johanna Rachinger. Natürlich traf die Pandemie auch ihre Institutio­n stark: Die Zahl der Lesesaalbe­nützer wurde halbiert, jene der Ausstellun­gsbesucher sank um 70 Prozent. Aber im Gegensatz zu manchem Museumsdir­ektor verzichtet­e Rachinger aufs Wehklagen und Jammern.

Auch deshalb, weil die Kennzahlen nach wie vor herausrage­nd sind: Die ÖNB verfügt über Rücklagen in der erstaunlic­hen Höhe von knapp zehn Millionen Euro; die Liquidität ist daher langfristi­g gesichert.

Der Vertrag von Rachinger – sie leitet die ÖNB seit 2001 – läuft Ende des Jahres aus. Das Kulturmini­sterium schreibt daher am Samstag die wissenscha­ftliche Leitung aus. Zeitgleich ausgeschri­eben wird auch die wirtschaft­liche Geschäftsf­ührung (bereits ab 1. Oktober). Die Bewerbungs­frist endet für beide Funktionen am 25. Mai. Auf Anfrage des KURIER gibt Rachinger bekannt, sich bewerben zu wollen. Kein Wunder bei diesen Zahlen.

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Ist vom Fach und ein Wirbelwind: Design-Spezialist­in Lilli Hollein
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