35 Prozent der weltweiten Covid-Infektionen in Indien
Massive Welle. Corona-Patienten warten – und sterben – vor Krankenhäusern; Angehörige flehen um ein Bett für die Kranken vor der Notaufnahme; Privatpersonen und Offizielle suchen in den sozialen Medien um Hilfe – in Form von Sauerstoff. Hunderte Krematorien sind überlastet.
Indien ist mitten in einer massiven Corona-Welle angekommen. Seit einer Woche liegen die Neuinfektionen jenseits der 200.000, von Mittwoch auf Donnerstag erzielte Indien mit 312.000 neuen Fällen ein weiteres Mal einen weltweiten Rekord. 15 Millionen der 1,4 Milliarden Inder haben sich bereits infiziert. Nur die USA haben höhere Zahlen.
Sorglosigkeit, Fehlentscheidungen und eine Mutante, die vor Geimpften nicht haltmacht
Indien ist derzeit für rund 35 Prozent der täglichen Corona-Fälle in der Welt verantwortlich. Wie konnte das passieren?
Ein Grund für den heftigen Anstieg könnte eine „Doppelmutante“des Coronavirus mit dem Namen B.1.617 sein. „In Indien bahnt sich Covid-Katastrophe an“, warnte zuletzt der deutsche Politiker und Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Die neue Mutation B.1.617 setze sich „massiv durch“, auch gegen B.1.1.7. Die Gefahr sei nun, so die Warnung des Mediziners, dass sich die indische Variante des Virus auch bei Geimpften durchsetzen könne.
Beobachter sehen aber nicht nur die neue Mutante als Grund, sondern vor allem eine Kombination aus einer Schwäche des indischen Gesundheitssystems, politischen Fehlentscheidungen und dem sozialen Verhalten: Das Durchschnittsalter der Neuinfizierten liegt bei knapp 27 Jahren. Das deutet darauf hin, dass sich vor allem Junge anstecken, die wenig Angst haben, dass das Virus für sie eine Lebensgefahr darstelle. Vor Kurzem wurden noch Massenveranstaltungen für Regionalwahlen abgehalten und religiöse Feste – weder mit Abstand noch mit Maske.
Erst am Dienstag hat Premier Narendra Modi die Bundesstaaten angewiesen, Lockdowns nur als letzte Option zu betrachten und stattdessen auf kleinräumige
Eindämmung zu setzen. Doch gleichzeitig steigen die Zahlen weiter.
Impfungen Mangelware Während die „westliche Welt“Impferfolge und teils sinkende Infektionszahlen und Öffnungsschritte meldet, schlittern andere Teile der Welt immer tiefer ins CoronaChaos. Trotz laufender Impfkampagnen steigen die Infektionszahlen insgesamt weltweit. Vor allem in ärmeren Ländern sieht es mit Impfungen düster aus. In Indien, obwohl es selbst Impfstoffe herstellt, haben erst 8 Prozent der Bevölkerung zumindest eine Dosis erhalten. Weniger als 10 Millionen Menschen. In Österreich sind es rund 21 Prozent.