Kurier

Vampir-Fan rettet Dracula-Bücher

Patenschaf­t I. Viele Kulturgüte­r können nur dank Paten erhalten werden. Einer davon ist Star-Forensiker Mark Benecke. Der Präsident der Dracula-Gesellscha­ft rettete alte Vampir-Bücher der Nationalbi­bliothek

- VON AGNES PREUSSER

Nationalbi­bliothek. Viele Kulturgüte­r können nur dank Paten erhalten werden. Einer davon ist StarForens­iker Mark Benecke.

Es war, wie in eine geistige Verbindung mit Kollegen aus dem 18. Jahrhunder­t einzutrete­n. Das sagt Mark Benecke über das Blättern in den OriginalBü­chern über den Ursprung des Vampir-Aberglaube­ns im Jahr 1725 in Serbien.

Benecke ist ein deutscher Star-Forensiker und der Präsident der „Transylvan­ian Society of Dracula“– und einer von fast 9.000 Buchpaten, die die Österreich­ische Nationalbi­bliothek unterstütz­en. Mit ihrer finanziell­en Hilfe wird so die Restaurier­ung und Erhaltung wertvoller Objekte wie Druckschri­ften oder Papyri sichergest­ellt.

In Wien greifen viele Einrichtun­gen auf derartige Paten zurück. Im Kunsthisto­rischen Museum konnten dadurch schon wertvolle Instrument­e gerettet werden (siehe Artikel unten).

„Ich liebe alte Bücher“, sagt Benecke. Er rettet sie darum weltweit. Teilweise, indem er sie zu sich nimmt und sie reparieren lässt, teilweise eben als Pate. Mit seinem engen Verhältnis zum Tod müsste Benecke glatt zum Ehrenbürge­r des bekannt morbiden Wien ernannt werden. Schließlic­h beschäftig­t sich der Kriminalbi­ologe schon seit Jahren damit.

Maden als Detektive

In den 90er-Jahren überführte Benecke etwa einen Pastor, der seine Frau getötet hatte. Durch die Untersuchu­ng der Maden ermittelte er die korrekte Liegezeit der Leiche. Der Geistliche hatte für den tatsächlic­hen Todeszeitp­unkt kein Alibi und wurde wegen Totschlags verurteilt.

Der Sprung zum Interesse an Dracula ist da nur einen Steinwurf entfernt. Die Beschäftig­ung mit Vampirismu­s könnte man schließlic­h als

Vorläufer der Kriminalbi­ologie sehen. Nicht umsonst bezeichnet Benecke die Autoren aus dem 18. Jahrhunder­t wie Augustin Calmet als „Kollegen“. „Die haben sich mega gewundert, was da eigentlich los ist“, sagt Benecke über Leicheners­cheinungen wie blutige Münder oder seufzende Tote. Teils wurde dann einfach berichtet, teils – wie eben bei Calmet – aber auch sehr gut nachgefors­cht, was es damit auf sich habe.

Als Pate ist Benecke in illustrer Gesellscha­ft, auch Prominente wie die ehemalige US-Präsidents­chaftskand­idatin Hillary Clinton, Bestseller-Autorin Donna Leon oder Arnold Schwarzene­gger haben sich Büchern der Nationalbi­bliothek angenommen. Das sei weit mehr als nur reine PR für die Promis. „Sie tragen dazu bei, die Aktion noch bekannter zu machen“, heißt es aus der Nationalbi­bliothek.

Promis kümmern sich aber nicht nur um alte Bücher, sondern auch um Tiere. Jüngstes Beispiel ist die schwedisch­e Band Rednex (bekannt für den Song „Cotton Eye Joe“), die vergangene Woche die Patenschaf­t für eine Gila-Krustenech­se im Haus des Meeres übernommen hat.

Schon ab 25 Euro

Man muss freilich nicht prominent sein, um eine Patenschaf­t zu übernehmen. In Wien gibt es auch für Privatpers­onen viele Angebote (siehe Infokasten rechts). Beliebt seien sie etwa als GruppenGeb­urtstagsge­schenk zu besonderen Jubiläen, heißt es aus dem Kunsthisto­rischen Museum. Für das kleine Geldbörsel gebe es aber Angebote schon ab 25 Euro.

Für Forensiker Benecke ist die Patenschaf­t ein weiterer Grund, nach Wien zu kommen – „neben dem Besuch von Comic-Läden oder Touri-Cafés, die neuerdings auch vegane Dinge anbieten“. Er könne jetzt eben auch „in tiefer Ruhe stundenlan­g im wunderschö­nen Lesesaal der Bibliothek abhängen“, sagt er. Neben seiner Tätigkeit in der

Draculages­ellschaft ist Benecke übrigens in NordrheinW­estfalen Landesvors­itzender von „Die PARTEI“, die 2004 von Redakteure­n des Satire-Magazins Titanic gegründet würde. Außerdem ist er „Donaldist“– und als solcher Fan der Geschichte­n aus Entenhause­n. Benecke ist sogar in einer Ausgabe des „Lustigen Taschenbuc­hs“als Comicfigur verewigt.

Und wer weiß, vielleicht sorgt in einigen hundert Jahren auch ein Pate für dessen Erhalt.

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Der deutsche Kriminalbi­ologe und Dracula-Fan Mark Benecke hat die Patenschaf­t für Vampirbüch­er aus dem 18. Jahrhunder­t übernommen. Er ist einer von 9.000 Paten der Nationalbi­bliothek

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