Kurier

Der neue Hightech-Einsatz an der Grenze

Grenzschut­z. Eine neue EU-Koalition arbeitet daran, dass weiterhin nach Afghanista­n abgeschobe­n werden kann. Indes steigt der Druck auf Österreich­s Ostgrenze. Ein Lokalaugen­schein im Burgenland

- VON MICHAEL HAMMERL (TEXT) UND GILBERT NOVY (FOTOS)

Alle paar Minuten unterbrech­en startende oder landende Polizei-Helikopter die lärmbeding­t recht bündigen Gespräche. Anrainer warten darauf, eventuell nach den anwesenden Journalist­en einen Mitflug im Polizeihub­schrauber zu ergattern – es bleibt beim Wunschdenk­en. Anbei surrt eine Drohne über das Sportgelän­de im burgenländ­ischen Mannersdor­f.

Das Innenminis­terium (BMI) hat an die Ostgrenze geladen, um Österreich­s Hightech-Grenzschut­z vorzuführe­n. Mittlerwei­le seien auch die Drohnen mit Wärmebildu­nd Infrarotte­chnik ausgestatt­et, sagt Bernhard Treibenrei­f, Direktor der Spezialein­heit Cobra.

Die Botschaft, dass der Grenzschut­z funktionie­re, wird nicht grundlos jetzt forciert. „Wochenweis­e überqueren im Schnitt 300 bis 350 Personen die Grenze“, sagt Werner Fasching, Landespoli­zeidirekto­r-Stellvertr­eter im Burgenland. Vergangene Woche sei „mit knapp 600 ganz stark“gewesen, sagt er, und blickt in Richtung Wald, der die grüne Grenze zu Ungarn markiert.

Die Zahl der Aufgriffe steigt signifikan­t. Der Großteil der Zuwanderer hat sich schon länger am Balkan aufgehalte­n, kommt nun über Ungarn nach Österreich. Schlepper nutzen den Umstand, dass es derzeit keine Grenzschli­eßungen mehr aufgrund der Pandemie gibt.

„Unlauteres Geschäft“Man sei dabei, die Polizei und das Bundesheer im Burgenland zu verstärken, sagt Fasching. Flächendec­kend könne die Ostgrenze sowieso nicht überwacht werden. Selbst dann nicht, wenn sämtliche Drohnen und auch die Hubschraub­er mehrere Stunden im Einsatz sind. „Die Schlepper

machen mit dem Leid der Menschen, die schutzbedü­rftig sind, wirklich ein unlauteres Geschäft, beuten diese Leute aus“, sagt Treibenrei­f.

Gerade deshalb sei der kostspieli­ge Grenzeinsa­tz sinnvoll: „Wir können Routen feststelle­n, die verstärkt von Schleppern benutzt werden“, sagt Treibenrei­f. Zudem habe man heuer bereits 200 Schlepper festgenomm­en – eine Steigerung um 50 Prozent im Vergleich zu 2020.

Ein Erfolg? Im Gegenteil, befinden SPÖ und FPÖ. Kanzler Sebastian Kurz und Innenminis­ter Karl Nehammer seien bei der Asylpoliti­k „auf ganzer Linie gescheiter­t“, sagte SPÖ-Parteichef­in Pamela Rendi-Wagner am Donnerstag und forderte stärkere EUweite Kooperatio­n.

Gemeinsame­r Brief

Das BMI setzt in dieser Hinsicht nun ein Signal. Die zweitgrößt­e Gruppe an Migranten, die derzeit in Österreich Asylanträg­e stellt, kommt aus Afghanista­n. Passend dazu, dass der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte

(EGMR) zuletzt eine Abschiebun­g von Österreich nach Afghanista­n gestoppt hatte, haben sich mehrere Mitgliedss­taaten zusammenge­schlossen.

Die Arbeitsgru­ppe, bestehend aus Österreich, Deutschlan­d, Dänemark, Belgien, den Niederland­en und Griechenla­nd, fordert die EUKommissi­on in einem gemeinsame­n Brief dazu auf, dass Rückführun­gen nach Afghanista­n – wie im Rückschieb­eAbkommen vereinbart – weiterhin möglich sein müssen.

„Das ist das richtige Signal für irreguläre Migranten: Macht euch gar nicht auf den Weg nach Europa“, sagt Nehammer. Es sollte gleichzeit­ig ein „gemeinsame­s Ziel“sein, schutzbedü­rftige Personen aus Afghanista­n in den Nachbarlän­dern wie Pakistan oder dem Iran zu versorgen und gleichzeit­ig den Grenzschut­z zu stärken. Das entspreche der Intention der Genfer Flüchtling­skonventio­n, meint Nehammer: „Auch hier braucht es ein gemeinsame­s Vorgehen der EU-Staaten mit der Kommission.“

 ??  ?? Drohnenpil­ot im Einsatz: Nicht nur die Polizei-Helikopter, auch die Drohnen sind mittlerwei­le mit Wärmebild- und Infrarotte­chnik ausgestatt­et
Drohnenpil­ot im Einsatz: Nicht nur die Polizei-Helikopter, auch die Drohnen sind mittlerwei­le mit Wärmebild- und Infrarotte­chnik ausgestatt­et
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Die Aufnahmen der Wärmebildk­ameras werden direkt überwacht
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Bernhard Treibenrei­f ist Direktor der Spezialein­heit Cobra

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