Der neue Hightech-Einsatz an der Grenze
Grenzschutz. Eine neue EU-Koalition arbeitet daran, dass weiterhin nach Afghanistan abgeschoben werden kann. Indes steigt der Druck auf Österreichs Ostgrenze. Ein Lokalaugenschein im Burgenland
Alle paar Minuten unterbrechen startende oder landende Polizei-Helikopter die lärmbedingt recht bündigen Gespräche. Anrainer warten darauf, eventuell nach den anwesenden Journalisten einen Mitflug im Polizeihubschrauber zu ergattern – es bleibt beim Wunschdenken. Anbei surrt eine Drohne über das Sportgelände im burgenländischen Mannersdorf.
Das Innenministerium (BMI) hat an die Ostgrenze geladen, um Österreichs Hightech-Grenzschutz vorzuführen. Mittlerweile seien auch die Drohnen mit Wärmebildund Infrarottechnik ausgestattet, sagt Bernhard Treibenreif, Direktor der Spezialeinheit Cobra.
Die Botschaft, dass der Grenzschutz funktioniere, wird nicht grundlos jetzt forciert. „Wochenweise überqueren im Schnitt 300 bis 350 Personen die Grenze“, sagt Werner Fasching, Landespolizeidirektor-Stellvertreter im Burgenland. Vergangene Woche sei „mit knapp 600 ganz stark“gewesen, sagt er, und blickt in Richtung Wald, der die grüne Grenze zu Ungarn markiert.
Die Zahl der Aufgriffe steigt signifikant. Der Großteil der Zuwanderer hat sich schon länger am Balkan aufgehalten, kommt nun über Ungarn nach Österreich. Schlepper nutzen den Umstand, dass es derzeit keine Grenzschließungen mehr aufgrund der Pandemie gibt.
„Unlauteres Geschäft“Man sei dabei, die Polizei und das Bundesheer im Burgenland zu verstärken, sagt Fasching. Flächendeckend könne die Ostgrenze sowieso nicht überwacht werden. Selbst dann nicht, wenn sämtliche Drohnen und auch die Hubschrauber mehrere Stunden im Einsatz sind. „Die Schlepper
machen mit dem Leid der Menschen, die schutzbedürftig sind, wirklich ein unlauteres Geschäft, beuten diese Leute aus“, sagt Treibenreif.
Gerade deshalb sei der kostspielige Grenzeinsatz sinnvoll: „Wir können Routen feststellen, die verstärkt von Schleppern benutzt werden“, sagt Treibenreif. Zudem habe man heuer bereits 200 Schlepper festgenommen – eine Steigerung um 50 Prozent im Vergleich zu 2020.
Ein Erfolg? Im Gegenteil, befinden SPÖ und FPÖ. Kanzler Sebastian Kurz und Innenminister Karl Nehammer seien bei der Asylpolitik „auf ganzer Linie gescheitert“, sagte SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner am Donnerstag und forderte stärkere EUweite Kooperation.
Gemeinsamer Brief
Das BMI setzt in dieser Hinsicht nun ein Signal. Die zweitgrößte Gruppe an Migranten, die derzeit in Österreich Asylanträge stellt, kommt aus Afghanistan. Passend dazu, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
(EGMR) zuletzt eine Abschiebung von Österreich nach Afghanistan gestoppt hatte, haben sich mehrere Mitgliedsstaaten zusammengeschlossen.
Die Arbeitsgruppe, bestehend aus Österreich, Deutschland, Dänemark, Belgien, den Niederlanden und Griechenland, fordert die EUKommission in einem gemeinsamen Brief dazu auf, dass Rückführungen nach Afghanistan – wie im RückschiebeAbkommen vereinbart – weiterhin möglich sein müssen.
„Das ist das richtige Signal für irreguläre Migranten: Macht euch gar nicht auf den Weg nach Europa“, sagt Nehammer. Es sollte gleichzeitig ein „gemeinsames Ziel“sein, schutzbedürftige Personen aus Afghanistan in den Nachbarländern wie Pakistan oder dem Iran zu versorgen und gleichzeitig den Grenzschutz zu stärken. Das entspreche der Intention der Genfer Flüchtlingskonvention, meint Nehammer: „Auch hier braucht es ein gemeinsames Vorgehen der EU-Staaten mit der Kommission.“