Kurier

Was Klimaneutr­alität bis 2040 für Unternehme­n bedeutet

Vorgaben. Wirtschaft­streibende befürchten einen Wettbewerb­snachteil

- VON MARTIN MEYRATH

Mit den gigantisch­en Summen, die in den Wiederaufb­au der europäisch­en Wirtschaft gesteckt werden, sehen viele die Zeit gekommen, in den Technologi­ewandel im Sinne des Green Deals zu investiere­n. CO2Emissio­nen sollen also reduziert werden, nicht nur im Verkehr (Stichwort E-Mobilität) und der Stromverso­rgung (Stichwort Erneuerbar­en-Ausbau), sondern in der gesamten Volkswirts­chaft. Was aber bedeutet die in Österreich bis 2040 geplante Klimaneutr­alität für die Wirtschaft­streibende­n?

In Deutschlan­d gehen anlässlich der allgemeine­n Bepreisung von CO2-Emissionen die Wogen bereits hoch. Insbesonde­re energieint­ensive Produktion­sunternehm­en befürchten einen internatio­nalen Wettbewerb­snachteil – und eine entspreche­nde Regelung ist auch in Österreich geplant. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln sieht hingegen auch positive Aspekte: Demnach regt Dekarbonis­ierung langfristi­g Kostensenk­ungen an und ist somit gut für die Wettbewerb­sfähigkeit. Auch seien die Kosten für umweltfreu­ndlichere Technologi­en massiv gefallen. Kostete es vor 15 Jahren noch 588 Euro, eine Tonne CO2 durch die Nutzung einer Fotovoltai­kanlage einzuspare­n, sind es heuer nur noch 48 Euro.

Voraussetz­ung ist laut der Studie aber, dass die Politik den Wandel mit entspreche­nden Maßnahmen und Investitio­nen, insbesonde­re in grüne Technologi­en, begleitet. Die Alternativ­e, Kosten durch Klima- und Umweltschä­den in Kauf zu nehmen,

Auch in Österreich soll es ab kommendem Jahr allgemeine Abgaben für CO2-Emissionen geben

wäre demnach volkswirts­chaftlich betrachtet noch teurer. Einzig, was hilft dieses Wissen dem Einzelnen, der in wirtschaft­lich schwierige­n Zeiten ums Überleben kämpft?

Emissionsm­anagement Um sich den Anforderun­gen entspreche­nd verhalten zu können, müssen Unternehme­n wissen, wie viel CO2 an welchem Punkt ihrer Wertschöpf­ungskette verursacht wird. „Was ich nicht messen kann, kann ich nicht managen“, erklärt Andreas Unger von Bearing Point im Gespräch mit dem KURIER. Das Beratungsu­nternehmen hat einen CO2-Kalkulator entwickelt, der Firmen einen Überblick

bieten soll. In dem Berechnung­smodell kann die Wirksamkei­t einzelner Maßnahmen simuliert werden. Das Ziel sei, „den gesamten Fußabdruck“eines Produkts „von der Gewinnung des Rohstoffes, bis es vor der Haustüre landet“, zu erfassen, so Unger.

Typischerw­eise hätten Kunden vor allem die Produktion im Blick, aber nicht, was bei Lieferante­n, Transporte­uren oder Verpackung passiert. Das würde sich durch öffentlich­en und medialen Druck jedoch ändern. Insbesonde­re große Firmen müssten sich zunehmend für ihre gesamte Wertschöpf­ungskette, also auch die verarbeite­ten Rohstoffe und die

Arbeitsbed­ingungen in ausgelager­ten Bereichen, verantwort­en. Diese Aspekte hätten für die Reputation eines Unternehme­ns immer mehr Gewicht. Vor allem große Konzerne könnten zudem durchaus auf Umweltschu­tzstandard­s bei ihren Zulieferer­n bestehen.

Für Unternehme­n wird es laut Unger zukünftig notwendig sein, ihre CO2-Emissionen zu analysiere­n und zu reduzieren. Der Teil, der nicht effektiv vermeidbar ist, muss dann je nach Zielvorgab­e über Abgaben kompensier­t werden. Unger hofft, dass der Zertifikat­ehandel zunehmend globalisie­rt wird, um einen faireren Wettbewerb zu ermögliche­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria