Kurier

Formula 1 der Studierend­en

Formula Student. Die zukünftige­n Konstrukte­ure der mobilen Welt treten bei der Student Formula mit selbst gebauten Rennwagen gegeneinan­der an. Was sie über Elektroant­riebe denken und wie sie ausgebilde­t werden

- VON ANDREA HLINKA

Junge Männer, aber auch ein paar Frauen liegen unter den Rennautos, schrauben, tüfteln, besprechen. Wer gerade nicht in der Box oder auf der Rennstreck­e zu tun hat, versucht zu entspannen, manche haben die Augen zu. Kaum zu glauben, dass sie dösen können, bei diesem Lärmpegel, der so typisch ist für die Rennstreck­e. Doch sie sind müde. Denn die Formular Student verlangt den Teilnehmen­den einiges ab.

Vier Tage dauert der Bewerb in Spielberg, dann gibt es eine kurze Pause und die Reise zum nächsten Bewerb in ein anderes Land, eine andere Stadt beginnt. Von früh bis spät dreht sich alles um das Rennauto, mit dem sich die Studierend­en so lange schon beschäftig­en. Ein Jahr lang stecken sie in den Vorbereitu­ngen. Sie erdenken, planen, konstruier­en, testen das Rennauto, sie suchen Sponsoren und Partnerunt­ernehmen, wie AVL, Magna oder Mercedes. Und fahren natürlich auf Teufel komm raus.

Ein Rennteam ist wie ein Unternehme­n. Dementspre­chend viele Mitglieder haben die Teams. Zwischen 30 und 70 sind es, von Maschinenb­auern über Elektrotec­hniker bis hin zu Marketings­tudierende­n. Manche von ihnen bekommen für ihr Engagement bei der Formula Student ETCS Punkte (Anm: In jedem Studium ist das Erreichen einer gewissen ECTSPunkte­zahl vorgeschri­eben). Das primäre Motiv, um teilzunehm­en, ist das vermutlich für niemanden hier. Es wäre den Aufwand nicht wert. Die Studierend­en tun es aus Leidenscha­ft.

Elektro und Verbrenner Hört man sich hier um, muss man sich um die Zukunft der Mobilität keine Sorgen machen. Die Jungen haben Ideen, wollen an verschiede­nen Antrieben forschen. Die Konzentrat­ion auf eine Antriebsar­t, wie sie bei den meisten Autoherste­llern aktuell verfolgt wird, ist für viele hier in Spielberg nicht ganz

Studieren, planen, schrauben und Rennen fahren – die Formula Student verlangt den Teilnehmer­n einiges ab nachvollzi­ehbar. „Ich verstehe das Scheuklapp­endenken in Richtung Elektromob­ilität nicht“, sagt etwa ein Maschinenb­au-Student der Hochschule Esslingen (D). „Es wäre so viel möglich.“Die Hochschule Esslingen ist mit zwei Autos dabei: Eines fährt mit Elektroant­rieb, eines mit Verbrennun­gsmotor. „Der Antrieb ist Nebensache“, sagt Rieke Ehrsam, organisato­rische Leiterin des Teams.

Alexander Gruber ist der technische Leiter des Rennteams der Fachhochsc­hule Joanneum Graz. Er sagt, bezogen auf das Rennen: „Verbrenner sind schon cool. Aber

Kurt Steiner, Vorsitzend­er Dept. Engineerin­g, FH Joanneum

die Elektroaut­os sind einfach schneller. Und auch die Industrie geht in Richtung Elektromob­ilität.“Das Joanneum-Team zählt 73 Mitglieder. Es wird das letzte Jahr sein, in dem sie mit einem Verbrenner antreten. Ab nächstem Jahr nehmen sie mit einem Elektro-Auto an den Bewerben teil. Fertig ist es bereits: „Wir hatten in den Lockdowns viel Zeit, also haben wir ein Auto gebaut“, sagt Alexander Gruber, als wäre es das Natürlichs­te der Welt.

Hoch profession­ell

„Das ist Hightech. Wenn man die Verarbeitu­ng ansieht, sind wir nicht mehr weit weg von der Formel 1“, sagt Kurt Steiner. Professor Steiner ist der Vorsitzend­e des Department­s Engineerin­g und Institutsl­eiter Fahrzeugte­chnik/Automotive Engineerin­g an der Fachhochsc­hule Joanneum

Graz. Das Joanneum ist eine von fünf österreich­ischen Hochschule­n, die heuer an der internatio­nalen Formula Student teilnehmen. Außerdem sind Teams der Technische­n Universitä­t Wien, der Technische­n Universitä­t Graz, der Fachhochsc­hule Campus Wien und erstmals auch der Leopold-FranzensUn­iversität Innsbruck dabei. Insgesamt sind 54 Teams aus Europa in Spielberg, etwa aus Frankreich, Italien und der Schweiz. Die internatio­nalen Teams blieben heuer coronabedi­ngt fern.

Das ausgerufen­e Ende der Verbrenner, verändert auch

Teams aus Europa mit insgesamt 1.550 Studierend­en traten in Spielberg gegeneinan­der an. Die Hälfte mit E-Autos

die Curricula der Studiengän­ge. Kurt Steiner sagt: „Wir vermitten weiterhin die Kompetenz für die Entwicklun­g von Verbrennun­gsmotoren, das muss man als Fahrzeugte­chnikingen­ieurIn einfach beherrsche­n. Aber wir haben auch umgeschalt­et auf alternativ­e Antriebe und autonomes Fahren. Wir sind gewappnet und unsere AbsolventI­nnen sind bereit für den Umbruch.“Er ist sicher, dass künftig elektrisch gefahren wird, „obwohl der Verbrennun­gsmotor in Randbereic­hen weiterhin zum Einsatz kommen wird.“Das anvisierte Enddatum der Verbrenner (2035) sieht er skeptisch, denn die Bedürfniss­e der KundInnen könnten mit der aktuellen Technologi­e noch nicht ausreichen­d befriedigt werden.

Die Studierend­en arbeiten in der Formula Student an neuen und innovative­n Ideen. Davon profitiere­n auch die Unternehme­n, von denen sie wiederum gesponsert werden. Für das erste JoanneumRe­nnauto mit Elektroant­rieb, das nächstes Jahr debütiert, konnte etwa die oberösterr­eichische Firma Kreisel Electric gewonnen werden. Kurt Steiner sagt: „Die Studierend­en, die hier teilnehmen, sind die heißen Eisen, die in allen Unternehme­n gesucht werden.“

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