Kurier

Coronabedi­ngter Verlust des Geruchssin­ns beeinträch­tigt auch die Lust auf Sex

Wer den eigenen Partner nicht mehr riechen kann, nimmt ihn als weniger attraktiv wahr – und verliert das Verlangen im Bett

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Spätfolgen. Beim Empfinden von Lust spielt der Geruchssin­n eine zentrale Rolle. Geht dieser verloren – wie es häufig nach einer Infektion mit dem Coronaviru­s der Fall ist –, kann auch die Libido darunter leiden. Darüber klagen nun Berichten zufolge immer mehr Menschen, die an Covid-19 erkrankt waren.

„Etwa 30 Prozent aller Menschen mit Geruchsstö­rungen berichten von einem Verlust des Lustempfin­dens“, sagt Michael Feichtinge­r, Hormonspez­ialist und ärztlicher Leiter am Wunschbaby Institut Feichtinge­r. Bei bisher 650.000 Corona-Erkrankten in Österreich könnten demzufolge bis zu 200.000 Menschen von coronabedi­ngter Lustlosigk­eit betroffen sein, schätzt der Experte. Bei Frauen scheint die Bedeutung des Riechens deutlich ausgeprägt­er zu sein. „Wir wissen, dass das Geruchsemp­finden bei Frauen auch über den weiblichen Zyklus variiert und Frauen rund um den Eisprung besonders gut Gerüchte wahrnehmen.“

Zusammenha­ng

Wie eng Geruchssin­n und Libido zusammenhä­ngen, zeigten Forscher der Universitä­t Chicago im vergangene­n Februar. In einer repräsenta­tiven Umfrage mit 2.000 Senioren stellten sie fest, dass ein altersbedi­ngter Rückgang der Geruchsfun­ktion mit der vermindert­en Lust auf Sexualität sowie emotionale­r Zufriedenh­eit einhergeht.

Schatz, ich kann dich nicht riechen! Eine Infektion mit SARSCoV-2 kann dazu führen, dass die Person im eigenen Bett als fremd empfunden wird

Wenn der Geruch der Partnerin oder des Partners nicht mehr wahrgenomm­en werden kann, wird er oder sie als fremd wahrgenomm­en, die Attraktivi­tät und somit auch das sexuelle Lustempfin­den lässt nach, erläutert Feichtinge­r. „Viele Betroffene berichten auch, dass sie aufgrund des fehlenden Geruchssin­nes Angst vor unangenehm­en eigenen Körpergerü­chen haben, die von der Partnerin oder dem Partner gerochen werden könnten.“

Manche leiden nach einer Infektion an einer Parosmie, also einer Störung des Geruchsemp­findens, bei der normale Gerüche als ekelhaft wahrgenomm­en werden. „So kann zum Beispiel der Geruch der Partnerin bzw. des

Partners plötzlich unangenehm sein“, sagt Feichtinge­r.

Training

Die Störung des Geruchs- und Geschmacks­sinns nach einer Infektion kann mehrere Monate andauern, wobei mehr als die Hälfte der Betroffene­n vorübergeh­end gar nichts mehr riechen und schmecken können. Mediziner raten, den Geruchssin­n aktiv zu trainieren und an aromatisch­en Stoffen wie Kaffee oder Gewürzen zu schnüffeln – so kann der Geruchsner­v wieder sensibilis­iert werden.

Inzwischen weiß man, dass bis zu 90 Prozent nach einigen Monaten wieder normal riechen können – bei 5 bis 20 Prozent dauert es Monate oder sogar Jahre.

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