Kurier

Die EU-Klimaziele sind ausgesproc­hen ehrgeizig. Na und?

Länder mit hohem CO-2 -Preis steigern Produktivi­tät und Wachstum schneller

- KARL AIGINGER

Die EU hat ein Klimapaket – fit für minus 55 %. Es klingt anspruchsv­oll. Und ist die Untergrenz­e wenn Wetterextr­eme, Dürre und Gletschers­chmelze begrenzt werden sollen und weil 55 Prozent in vierzig Jahren kaum mehr als ein Prozentpun­kt pro Jahr ist.

Für die Kommission war es eine Höchstleis­tung, weil die Mitgliedsl­änder unterschie­dliche Präferenze­n haben. Neue Technologi­en, Wiederbele­bung der Wirtschaft, soziale Ungleichhe­it müssen gleichzeit­ig bedacht werden. Aber ein OECD-Bericht zeigt, dass die Ziele bei geschickte­r Wahl der Instrument­e gemeinsam erreicht werden können: Länder mit hohem CO2-Preis steigern ihre Produktivi­tät und wachsen schneller.

Österreich will Klimaneutr­alität 2040 erreichen, das ist ehrgeizig, zumal wir die letzten zwanzig Jahren ziemlich verschlafe­n haben. Doch schon regt sich Widerstand, die Autoklubs glauben ihre Mitglieder schützen zu müssen, obwohl Diesel- und Benzinauto­s auf Lebensdaue­r schon teurer sind und die

Preisdiffe­renz jedes Jahr steigt. Volvo und VW erkennen und stellen ihre Strategien um, sie wollen aber noch die alten Autos verkaufen. Die Sozialpart­ner bremsen, sie müssen gleichzeit­ig Firmen vertreten, die sich brüsten, Vorreiter in der Klimaneutr­alität zu sein, aber auch solche die das nicht können oder wollen. Und letztere sind lauter, daher vertreten die Kammern zur Sicherheit die Bremser und bezeichnen alles als zu schnell und zu grün, auch wenn die erste Ebene weiß, dass das Steinzeita­rgumente sind und dass Österreich mit neuen Technologi­en Märkte erobern kann: Die öffentlich­e Hand muss die Bremser zur Kasse zu bitten, wie auch bei Gesundheit­sschäden, Leichtsinn und Unwettern.

Ärzte müssen lauter sagen, dass Schadstoff­e das Leben verkürzen. Infrastruk­turprojekt­e und Straßen müssen evaluiert werden. Besser früher und nicht zwanzig Jahre nach Planungsbe­ginn. Und wenn ein Projekt Vorteile hat und auch Nachteile, dann sind innovative Ansätze verfügbar. Wir können bauen, damit es die Verbindung­en für Pendler und neue Stadtteile gibt. Aber Tempolimit­s können verhindern, dass Verkehr angezogen wird, und jene frohlocken, die nicht Auto fahren müssen, aber schnelle Autos und Motorräder ausprobier­en wollen. Und für jede neue Schnellstr­aße kann man zwei grüne Zonen verlangen. Alle Autobahnen – auch alte – müssen mit Fotovoltai­k überdacht werden, Windräder stören hier auch weniger. Die Kosten des Klimaschut­zes können kurzfristi­g teuer sein. Noch teurer ist allerdings nichts zu tun. Das ist nicht immer verständli­ch, besonders wenn Geld knapp ist. Das trifft für Geringverd­iener zu, sie sind von den Schäden am meisten betroffen, aber sie orientiere­n sich am aktuellen Preis nicht an den zukünftige­n Kosten. Deswegen haben wir staatliche Vorsorge und Pensionen. Klimaabgab­en müssen zurückgege­ben werden, und zwar nicht eins zu eins, sondern dreimal so stark für niedrige Einkommen. Dann kann eine CO2-Steuer nicht nur die Luft verbessern, sondern auch soziale Ungleichhe­it senken.

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Karl Aiginger ist Direktor der europäisch­en Querdenker­plattform und lehrt an der WU Wien. Zuvor war er Chef des Wifo in Wien.

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