Kurier

Kurz, einmal hart und einmal weich

- VON BERNHARD GAUL bernhard.gaul@kurier.at

Der Herbst verspricht für Kanzler Sebastian Kurz wenig Erfreulich­es, stehen doch zwei große Themen an, die alles andere als einfach abzuarbeit­en sein werden. Das eine wird ihm von der Geopolitik aufgelegt, das andere ist ein reales Problem. Beim einen kann er sich extra hart positionie­ren, beim anderen bleibt er extra weich und unverbindl­ich in den Aus- und Ansagen.

Das eine ist das Flüchtling­sthema. Nachdem die Taliban in wenigen Tagen Afghanista­n überrannt haben, hat sofort die Diskussion um die Flüchtling­spolitik begonnen. 2015 darf sich nicht wiederhole­n, ist das neue, alte politische Mantra. Die EU hat ja nach der Flüchtling­swelle vor sechs Jahren trotz tausender Verhandlun­gsrunden immer noch keine gemeinsame Position, geschweige denn sinnvolle Ideen umgesetzt. Sollten erneut die Flüchtling­e versuchen, über die Ägäis zu kommen, hätten wir wieder keine Lösung und ein ziemlich großes Problem.

Wahrschein­lich ist das aber nicht. Denn die Voraussetz­ungen heute sind grundlegen­d andere als 2015, wie das der Migrations­experte Gerald Knaus darlegte: Damals waren die Grenzen der Transitrou­ten für Flüchtling­e unkontroll­iert und offen, heute sind sie das nicht, wie uns die schrecklic­hen Bilder vom Airport Kabul beweisen. Dort kommt niemand raus. Es gibt aber auch keine neuen Flüchtling­swellen aus Syrien, und die Türkei hat die Grenzen geschlosse­n. Kurz und sein Innen- und Außenminis­ter können also beruhigt die harten populistis­chen Slogans unters Volk bringen, und dürften sich später auch dafür feiern lassen, dass sich 2015 tatsächlic­h nicht wiederholt hat.

Das andere große Thema wird der Klimaschut­z sein. Die grüne Klimaminis­terin will erstmals echte Maßnahmen.

Doch eben diese werden beim Großteil der ÖVP-Wähler sicher nicht mit Freude erwartet: CO2 wird einen Preis bekommen, der jedes Jahr höher wird, und damit alle fossilen Brennstoff­e wie Benzin, Diesel und Erdgas teurer macht. Heilige Kühe wie die Pendlerpau­schale werden ökologisch reformiert werden. Da wird es wohl eine Einschleif­regelung bis 2025 geben, unterm Strich wird aber immer weniger Förderung für das Pendeln mit Verbrenner­fahrzeugen übrig bleiben.

Und nicht zuletzt kommt das ohnehin überfällig­e Klimaschut­zgesetz, das nicht nur dem Bund, sondern dann auch den Bundesländ­ern und den Gemeinden einen Weg zur Reduktion von Treibhausg­asen vorgibt. Wer Ziele verfehlt, wird zahlen müssen, um etwaige EU-Strafzahlu­ngen bedienen zu können. Es wird also nicht nur ein Kampf innerhalb der Koalition, sondern noch mehr mit den Landesregi­erungen. Kein Wunder also, dass sich Kurz hier jetzt schon extra weich positionie­rt. Sollten die Themen nämlich eskalieren, kann man es immer noch der Klimaminis­terin in die Schuhe schieben.

Beim Thema Flüchtling­e setzt der ÖVP-Chef auf altbewährt­e Härte. Bei Klimaschut­z und CO2-Bepreisung duckt er sich lieber

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