Kurier

Zu weiße Gipsskulpt­uren lösen Rassismus-Debatte aus

Die Uni Cambridge sorgt mit einem Aktionspla­n für Aufsehen

- AUS LONDON GEORG SZALAI

Das Museum für Klassische Archäologi­e der Universitä­t Cambridge will noch heuer zur Diskussion über Statuen und Rassismus in Großbritan­nien beitragen. Dass es aber erklären will, warum Gipsabgüss­e weiß sind, sorgt schon jetzt für Debatten.

Denn die etwa 600 Abgüsse von antiken Skulpturen, die es in einer der größten Sammlungen dieser Art zur Schau stellt, geben „einen irreführen­den Eindruck von Weißheit und Abwesenhei­t von Vielfalt in der griechisch­en und römischen Welt“, wird in einem Aktionspla­n der zuständige­n Fakultät für Klassische Philologie erklärt. Man wolle aber „dieses Problem in eine Chance umwandeln“.

Welche Erklärunge­n die Schilder genau beinhalten werden, ist noch nicht bekannt, aber das Museum hofft, „auf die Vielfalt der Abgebildet­en“und „die Rolle klassische­r Bildhauere­i in der Geschichte des Rassismus“hinzuweise­n.

Geht man zu weit?

Nicht alle sind von der Idee begeistert. Ein ungenannte­r Akademiker etwa nannte den Plan „erschrecke­nd und komisch zugleich“und fragte, ob Kollegen vielleicht zu weit gehen. „Es ist so einfach, darüber zu lachen, dass man leicht übersieht, wie außergewöh­nlich es ist, wenn eine der besten geisteswis­senschaftl­ichen Fakultäten der westlichen Welt so etwas veröffentl­icht.“

Die Schilder sind eine Reaktion auf einen offenen

Brief im vergangene­n Sommer von Studenten, Absolvente­n und Angestellt­en, in dem von der Fakultät „aktive Antirassis­mus-Arbeit“gefordert wird. „Studierend­e sagen, dass schwierige­r Stoff nicht immer mit ausreichen­der Sensibilit­ät vermittelt wird“, gab das Institut kürzlich zu – und gestand ein, dass die Klassik-Lehre manchmal für „Imperialis­mus, Kolonialis­mus und institutio­nellen Rassismus“eingesetzt worden sei.

Intensiv diskutiert

Man versprach nicht nur Infoschild­er im Museum, sondern auch Training für Lehrende zur Erkennung unausgespr­ochener Vorurteile und zum effektiver­en Unterricht­en sensibler Themen, sowie eine Überprüfun­g von Lernmateri­alien.

Der Umgang mit Statuen und der Geschichte wird in Großbritan­nien besonders seit letztem Jahr immer wieder intensiv debattiert. Im Juni 2020 rissen Demonstran­ten bei einem Marsch gegen Rassismus in Bristol die Statue des Sklavenhän­dlers Edward Colston nieder und stießen sie ins Hafenbecke­n. Manche Kritiker werfen der konservati­ven Regierung von Boris Johnson vor, Sozial- und Gesellscha­ftskritik manchmal zu ihren Gunsten einzusetze­n. „Die Regierung führt gerne einen Kulturkrie­g gegen Klimawande­lDemonstra­nten, Universitä­ten und Black Lives Matter“, sagt Politologe Pete Dorey zum KURIER. „Damit versucht sie, Wut, die sich gegen die Regierung richten könnte, auf andere abzulenken.“

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Streit um die weißen Gips-Abdruck-Plastiken

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