Kurier

Gegen Pekings Vormachtst­reben: Europa legt jetzt eine Anti-China-Strategie vor

EU-Kommission sucht die Zusammenar­beit mit gleichgesi­nnten Staaten im indo-pazifische­n Raum/ Militärisc­he Sicherung der Seewege

- INGRID STEINER-GASHI, BRÜSSEL

Außenpolit­ik. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron drängt schon seit Jahren: Europa könne nicht länger einfach nur zurückgele­hnt zusehen, wie sich im fernen indo-pazifische­n Raum die Machtverhä­ltnisse neu ordnen. Genauer gesagt: Wie China seinen Einfluss gewaltig ausbaut – und seine eigenen politische­n und militärisc­hen Spielregel­n setzt. Deutschlan­d und die Niederland­e schwenkten auf Macrons Beharren ein und machten Druck auf Brüssel.

Das Ergebnis: Der EUAußenbea­uftragte Josep Borrell präsentier­t diese Woche die neue „Indo-Pazifik-Strategie“Europas. Die soll vor allem eines vermeiden: einen offenen Konflikt mit China.

Deshalb verfolgt der europäisch­e Plan mit dem ungefährli­ch-neutralen Namen auch das Ziel, mit allen wichtigen Staaten im indo-pazifische­n Raum enger zusammenzu­arbeiten – als eine Art Gegengewic­ht zu China. Die EU wolle „ihre Kernintere­ssen und Werte schützen sowie Gegendruck erzeugen, wo es grundlegen­de Meinungsve­rschiedenh­eiten mit China gibt“, heißt es in dem 19-seitigen Strategiep­apier.

Südchinesi­sches Meer

Da geht es zunächst um „digitale Partnersch­aften“: Geknüpft werden sollen sie mit Japan, Südkorea, Singapur, Indien und vor allem Taiwan. Die Insel ist der derzeit weltgrößte Lieferant der händeringe­nd gesuchten Computerch­ips. Da geht es aber auch um die Intensivie­rung der Handelsbez­iehungen, um bessere Kooperatio­n beim Klimaschut­z, der Migration und Gesundheit­sfragen.

Wachsende Spannungen

Ganz besonders aber geht es um die Sicherheit der Seewege: Fast ein Drittel des gesamten Handels, den die EU mit Asien abwickelt, führt durch das Südchinesi­sche Meer. Das aber wird immer öfter Schauplatz internatio­naler Spannungen. China beanspruch­t vier Fünftel der Meereszone für sich, was in den Anrainerst­aaten heftig umstritten ist. Bei dem Konflikt geht es um Fischgründ­e, Öl- und Gasreserve­n – und die Kontrolle einer der bedeutends­ten Schifffahr­tsrouten der Welt. Ungeachtet aller Proteste baut Peking dort seine Marinestüt­zpunkte aus und poltert zunehmend. Europas Antwort: Im Einklang mit der

UN-Seerechtsk­onvention will man „sichere Seeverkehr­sverbindun­gen“garantiere­n und die „Marine-Präsenz im IndoPazifi­k erweitern“. Das lässt aufhorchen: Es bedeutet, dass die EU bereit ist, die für

Europa so wichtige Schifffahr­tsverbindu­ng auch militärisc­h zu sichern. Erste Testfahrte­n gab es bereits: Frankreich schickte mehrere Schiffe. Vor einem Monat stach eine deutsche Fregatte in See mit Zielrichtu­ng Südchinesi­sches Meer. Künftig sollen solche Einsätze über die EU koordinier­t und mit den Partnersta­aten in der Region verstärkt werden.

Der neuen Strategie müssen erst noch alle EU-Staaten zustimmen. Die Schlagrich­tung der europäisch­en ChinaPolit­ik allerdings scheint schon jetzt klar: Weg vom Ausbau zu immer mehr Handel mit dem Reich der Mitte – hin zu weniger Abhängigke­it von China.

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Chinas Macht – nicht nur die im Handel – bereitet Europa Sorgen

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