Wie die Arbeiterkammer wirtschaftet
Interessensvertretung öffnet ihre Bilanzen, finanziell solide aufgestellt, großer Bestand an Immobilien, Anleihen und Bankguthaben, 100.000 Euro für Negativzinsen
Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s auch den neun Arbeiterkammern gut. Durch die coronabedingte Verschlechterung des Arbeitsmarktes sanken die Beiträge im Vorjahr um fünf Millionen auf 495 Millionen Euro. Für heuer rechnet AK-Direktor Christoph Klein, dank der guten Konjunktur das Vor-Krisenniveau wieder zu erreichen.
Um der regelmäßigen Kritik von FPÖ und Neos an der Finanzgebarung den Wind aus den Segeln zu nehmen, beschlossen die Arbeiterkämmerer, ihre Rechnungsabschlüsse auf ihren Websites zu veröffentlichen. Die
Arbeitnehmer-Vertretung ist wirtschaftlich solide aufgestellt. Lediglich die kleine Kammer Burgenland kämpft, nicht ins Minus zu rutschen.
Wobei, Bilanzen sind’s streng genommen nicht, denn die Arbeiterkammern sind keine Unternehmen, sondern nicht gewinnorientierte Körperschaften öffentlichen Rechts mit Pflichtmitgliedschaft – wie die Wirtschaftskammer. Am besten steht die Kammer Wien da, mit einem Viertel (123,3 Mio.) der gesamten Einnahmen.
Die Arbeiterkammern finanzieren sich aus der Umlage, die von den Beschäftigten bezahlt wird und 0,5 Prozent der allgemeinen Beitragsgrundlage beträgt. Sie wird 12 Mal im Jahr eingehoben, ist mit 16 Euro monatlich gedeckelt und liegt im Durchschnitt bei 8 Euro. Von den 3,786 Millionen Mitgliedern zahlen rund 808.000 aufgrund ihrer niedrigen Einkommen keinen Beitrag.
Kritiker werfen der AK vor, Vermögen zu horten.
Sieht auf den ersten Blick ganz danach aus, erklärt sich aber dadurch, dass die Arbeiterkammern keine Kredite aufnehmen dürfen und ihre Rücklagen für Investitionen und die Rückstellungen (aktuell 446 Mio.) daher durch Vermögen gegenfinanzieren.
100 Gebäude
Da kommt schon einiges zusammen. Die Buchwerte der rund 100 Gebäude sind mit insgesamt 280,6 Millionen Euro ausgewiesen. Wie hoch die stillen Reserven der Grundstücke sind, könne man nicht beziffern, meint Klein. Verkauft werde ohnehin nix. Interessant: Um Steuer zu sparen, wurde der über 70 Millionen Euro teure gläserne Zubau der Wiener Arbeiterkammer über Leasing finanziert, in acht Jahren gehört das Gebäude der AK.
Der Bestand an Wertpapieren beläuft sich auf 138,8 Millionen Euro (2020), mehr als 199 Millionen liegen bei den Banken als Guthaben. Die Niedringzins-Phase bringt für die AK ein besonderes Problem. Die Wertpapiere müssen mündelsicher sein, also Anleihen. Die Arbeitnehmervertreter haben noch einen Teil besser verzinster Anleihen in ihrem Portfolio, die aber abreifen. Den Negativ-Zinsen versuche man durch Verhandlungen mit den Banken zu entkommen, muss aber schon 100.000 Euro an Negativzinsen berappen, erklärt Klein. Und von billigen Finanzierungen hat die AK nichts, denn sie darf ja keine Kredite aufnehmen. Man könnte über eine Änderung der Haushaltsordnung diskutieren, um flexibler zu sein, meint Klein.
111 Mio. sind im Abschluss 2020 für Pensionen rückgestellt. Knapp die Hälfte der 2.800 Mitarbeiter hat noch großzügige Zusatzrenten aus der Zeit der goldenen Privilegien der Sozialpartner. Wie bei der WKÖ werden die bei den Kammerwahlen antretenden politischen Fraktionen unterstützt, in Wien zuletzt mit drei Millionen.