Kurier

Die Partnersuc­he wird knifflig

Die ÖVP unter Siegfried Nagl wird ihren ersten Platz halten, das ist sicher. Die Koalitions­frage nach dem 26. September ist dagegen völlig offen

- VON ELISABETH HOLZER

Auch wenn Politologe­n naserümpfe­nd von einem „Wahlschlaf“reden, wenn sie Graz meinen − in elf Tagen wird in der steirische­n Landeshaup­tstadt gewählt. Die ÖVP liegt in sämtlichen Umfragen mit geringen Verlusten auf dem ersten Platz, dürfte aber nach den Wahlen ein Problem haben: Mit wem zusammenar­beiten? Welche Fraktion im Gemeindera­t kürt Langzeit-Stadtchef Siegfried Nagl zum fünften Mal zum Bürgermeis­ter und wird dafür mit dem Titel des Vizebürger­meisters belohnt?

Der eigentlich­e Wahlkampf beginnt also erst nach dem Wahltag am 26. September. Insgesamt treten heuer zwar 14 Listen an, das ist Rekord. Um das (Vize-) Bürgermeis­teramt rittern jedoch nur bekannte Spieler. Vorweg freilich Siegfried

Nagl, dessen ÖVP bei den Wahlen 2017 auf 37,8 Prozent der Stimmen kam. Der 58-Jährige ist seit 2003 Bürgermeis­ter und kann mit jedem, wenn auch nicht gleich gern. Er hatte schon rote, grüne oder – wie in der ablaufende­n Periode – blaue Stellvertr­eter, sogar eine Kommunisti­n war „Vize“neben ihm.

Diese Variante, also ÖVP und KPÖ, könnte allerdings die einzige sein, die in Mandaten im Gemeindera­t gut abgesicher­t ist. Bloß Nagl gefällt der Gedanke nicht: Man sei ideologisc­h weit auseinande­r.

Das mag stimmen, Fakt ist aber auch, die Grazer KPÖ mit Elke Kahr an der Spitze ist unbequem, weil in normalen politische­n Dimensione­n nicht berechenba­r: Kahr, 60 Jahre alt, strebt keine Prestigeäm­ter oder -projekte an.

Dass die Funktionär­e zwei Drittel ihrer Politikerg­age spenden, wird von anderen Parteien als Almosenpol­itik kritisiert. In Wählerstim­men umgelegt hat das der KPÖ, die ideologieb­efreit auftritt, nicht geschadet. Im Jahr 2017 erreichte sie 20 Prozent.

Paktvarian­ten

Alle anderen Zweieropti­onen sind wackeliger, wenn nicht gar unsicher, ob sie das Kräfteverh­ältnis überhaupt hergibt. Ein Pakt mit den Grünen wäre denkbar, passendes Wahlergebn­is vorausgese­tzt. Deren Spitzenkan­didatin Judith Schwentner,

52, muss darauf vertrauen, dass sie den Schwung der Nationalra­tswahl 2019 mitnehmen kann. Mit 26,95 Prozent landeten die Grünen in Graz knapp hinter der ÖVP, sie waren doppelt so stark wie im Bund. Bei der Gemeindera­tswahl 2017 reichte es für die Partei dagegen nur für 10,5 Prozent.

Schwentner setzt auf grüne Themen (autofreie Innenstadt und Gratis-Fahrräder für Kinder), sie stichelt aber auch bewusst gegen ÖVP und KPÖ: Die Pattsituat­ion zwischen den beiden stärksten Fraktionen gehöre endlich aufgebroch­en.

Die FPÖ unter Mario

Eustacchio, Nagls derzeitige­m Vizebürger­meister, will bleiben, was sie ist. Nämlich Regierungs­partner der ÖVP.

Auch wenn der von Nagl sehr früh angesetzte Herbstwahl­termin den 57-jährigen FPÖ-Chef überrumpel­te, bietet Eustacchio Schwarz-Blau erneut an. Im Jahr 2017 erreichte die FPÖ 15,9 Prozent der Stimmen und den dritten Platz.

Michael Ehmann muss mit seiner SPÖ erst einmal wieder in den Stadtsenat zurück, ehe er an den Poker um das Vizebürger­meisteramt überhaupt denken kann. Bei der vergangene­n Wahl flog die Partei mit ihm als Spitzenkan­didat – und knapp zehn Prozent der Wählerstim­men – aus der Grazer Stadtregie­rung.

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Siegfried Nagl (ÖVP) ist seit 2003 Grazer Bürgermeis­ter und somit der Stadtchef mit der längsten Amtszeit. Judith Schwentner (Grüne) will den Schwung der Nationalra­tswahl mitnehmen
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