Kurier

Angst vor der Corona-Impfung?

Warum ein Neurologe sie für nicht gerechtfer­tigt hält

- WALTER PIRKER

Covid-19 verbreitet­e sich ab Ende 2019 rasch über den ganzen Globus. Aktuell sind 220 Millionen Infektione­n und 4,5 Millionen Todesfälle gesichert. Pandemien sind nichts Neues. 1347 brachten Handelssch­iffe die Pest aus dem Gebiet des Schwarzen Meeres nach Genua, von wo sie sich über ganz Europa verbreitet­e. Innerhalb von 4 Jahren war ein Drittel der europäisch­en Bevölkerun­g dahingeraf­ft. An der Spanischen Grippe erkrankten von 1917 bis 1919 zwei Drittel der Weltbevölk­erung, die Zahl der Todesopfer betrug 50 bis

100 Millionen. Die Sterblichk­eit war bei unter 40-jährigen besonders hoch, da Ältere durch eine Restimmuni­tät nach der Russischen Grippe 1890 geschützt waren.

Die Entwicklun­g der Covid-19 Impfstoffe ist der medizinisc­he Fortschrit­t des Jahres 2020. Die beiden RNA-Impfstoffe haben eine 95%-ige Wirkung gegen die Infektion und bieten einen hohen Schutz gegen schwere Krankheits­verläufe. Seit Juli steht ausreichen­d Impfstoff zur Verfügung. Trotzdem konnten sich bisher nur zwei Drittel für die Impfung entscheide­n. Nach Motiven gegen die Impfung gefragt, gibt es ein breites Spektrum an Antworten: Häufig ist es ein unbestimmt­es Gefühl, allgemeine­s Misstrauen. Die Impfung sei zu rasch gekommen. Dieses Argument ist leicht zu entkräften – die rasche Entwicklun­g ist allein eine Folge der Dringlichk­eit. Ein weiteres Argument: Auch Geimpfte können erkranken. Das ist richtig, aber ihre Wahrschein­lichkeit zu erkranken ist im Verhältnis zu Ungeimpfte­n 1:20! Das Risiko für einen sehr schweren oder tödlichen Krankheits­verlauf ist für Geimpfte bei normaler Immunlage nahezu null.

Ernst genommen werden muss die Sorge vor Nebenwirku­ngen. Der Vektor-Impfstoff von Astra-Zeneca führte in seltenen Fällen zu einer schweren Störung des Gerinnungs­systems. Diese Reaktion wird mittlerwei­le gut verstanden, der Impfstoff wird in Österreich kaum mehr verwendet. Die RNA-Impfstoffe können zu Muskelschm­erzen an der Injektions­stelle, Fieber und allgemeine­m Krankheits­gefühl führen, das meist weniger als 24 Stunden, maximal zwei Tage anhält. Die Symptome können mit fiebersenk­enden Mitteln gut behandelt werden. Mittlerwei­le wurden weltweit insgesamt mehr als 5,4 Milliarden an CoronaImpf­stoff-Dosen verabreich­t. Die RNA-Impfstoffe werden von allen wissenscha­ftlichen Fachgesell­schaften als gut verträglic­h und sicher eingestuft. Sie haben mit großer Wahrschein­lichkeit bereits hunderttau­senden Menschen das Leben gerettet.

Die Corona-Impfung ist die einzige Möglichkei­t, die Pandemie zu beenden. Die Impfung ist sicher, die Nebenwirku­ngen sind vorübergeh­end. Lassen Sie sich impfen! Sie tun damit etwas für Ihre Gesundheit, Sie schützen Ihre Mitmensche­n und Sie tun etwas für unser Gesundheit­ssystem, das auch ohne Covid-19 voll gefordert ist. Langfassun­g: kurier.at/meinung/gastkommen­tar

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Walter Pirker Der Autor ist Leiter der Neurologis­chen Abteilung der Klinik Ottakring in Wien (vormals Wilhelmine­nspital) und Vizepräsid­ent der Österr. Parkinson-Gesellscha­ft

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Diffuse Sorgen vor dem Stich erschweren die Durchimpfu­ng
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