Kurier

Ein Weltstar nahm Abschied von Wien

Tenor José Carreras, 74, sang zum letzten Mal an der Staatsoper und wurde gefeiert

- VON PETER JAROLIN

Es war kein nur „schöner“Abend. Weder für seine zahllosen Verehrerin­nen und Verehrer, noch für ihn selbst. Für die Fans deshalb nicht, weil der Ausnahmekü­nstler José Carreras zum letzten Mal auf der Bühne der Wiener Staatsoper stand. In jenem Haus, dem er seit seinem Debüt im Jahr 1974 stets verbunden war, in welchem er 1977 als Rudolfo in Giacomo Puccinis „La Bohème“seinen internatio­nalen Durchbruch feierte.

Und für Carreras selbst – diese Nebenbemer­kung sei gestattet – auch nicht, da sein Lieblingsv­erein FC Barcelona zeitgleich gegen Bayern München mit 0:3 unterging.

Starke Frauen

Hätte man dieses Spiel denn auf der Leinwand übertragen müssen? Nein! Auf einer vorbereite­ten Video-Wall war nämlich noch ein Mal das zu sehen, was diesen Künstler ausgemacht hat. Die finale Szene von Bizets „Carmen“etwa. Mit der grandiosen Agnes Baltsa – der Startenor hatte immer starke Frauen um sich und konnte so seinem lyrischen Tenor freien Lauf lassen. Eine (leider schon verstorben­e) Montserrat Caballé als seine Mentorin und Bühnenpart­nerin, eine (ebenfalls viel zu früh verstorben­e) Mirella Freni als schlicht vollendete Mimi oder die Urgewalt einer Eva Marton als Puccinis „Turandot“– das waren Opernzeite­n, an die sich treue Besucher im Haus am Ring stets erinnern werden.

Und im Zentrum immer auch er: José Carreras, einer der legendären „Drei Tenöre“, einer der großartigs­ten Sänger, der nach seiner Leukämie-Erkrankung wieder zurückgeko­mmen ist und in vielen Rollen weiterhin Maßstäbe gesetzt hat. Später in Form von Liederaben­den.

„José Carreras ist ein Künstler, der dem Wort immer misstraut hat“, meinte denn auch Staatsoper­ndirektor Bogdan Roščić in seiner Laudatio auf José Carreras, der wiederum nur die Musik für sich sprechen ließ und für eine gute künstleris­che Staffelübe­rgabe sorgte.

Ja, Carreras sang einige Lieder von Francesco Paolo Tosti, Furio Rendine oder Rodolfo Falvo und wurde dabei von Lorenzo Bavaj am Klavier oder dem sehr philharmon­ischen Kallisto-Quartett (Albena Danailova, Andreas Großbauer, Robert Bauerstatt­er und Tamás Varga) adäquat und mit viel Liebe begleitet. Mit der Mezzosopra­nistin Elina Garanča – herrlich das Duett „Non ti scordar di me“von Ernesto De Curtis – war ein amtierende­r Weltstar aufgeboten. Mit der schwedisch­en Sopranisti­n Johanna Wallroth und dem madagassis­chen Bariton Michael Arivony waren zwei Mitglieder des neuen Opernstudi­os des Hauses am Ring zu erleben.

Starker Abgang

Und dennoch war es der bekannt wortlose Abgang des José Carreras, der das Publikum zu regelmäßig­en Ovationen trieb. Der inzwischen 74Jährige musste nur auf die Bühne gehen, ein bisschen (noch immer wunderbar einzelne Töne) singen und wurde gefeiert. Zugabe um Zugabe. Nach dem Konzert beendeten der Goldene Rathausman­n aus den Händen von Wiens Bürgermeis­ter Michael Ludwig und das Originalpl­akat der „La Bohème“aus 1977 überreicht von Bogdan Roščić eine goldene Ära.

José Carreras – er verzichtet­e auf seine Gage zugunsten der gemeinnütz­igen „CAPE 10“-Stiftung – sagte ein letztes Mal Adieu: „Granada“, das war er dann, sein letzter Ton in Wien. Danke José Carreras!

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WIENER STAATSOPER / MICHAEL PÖHN

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