Kurier

Von der Leyen: Viele Visionen für die EU, wenig Verve

Kommission­schefin fordert in „Rede zur Lage der Union“Anstrengun­g bei Klimaschut­z

- I. STEINER-GASHI, BRÜSSEL

Bilanz. Ursula von der Leyen hat große Pläne für die sich gerade erst auf der Pandemie herauskämp­fende EU. Doch richtig mitzureiße­n vermochte die Präsidenti­n der EU-Kommission gestern im EU-Parlament ihre Zuhörer nicht. „Wir können stolz auf uns sein“, sagte von der Leyen in Straßburg bei ihrer „Rede zur Lage der Union“. Auch wenn die Corona-Pandemie noch nicht überwunden sei, zog sie zufrieden Bilanz: 70 Prozent der EU-Bürger sind doppelt geimpft, 400 Millionen Gesundheit­szertifika­te wurden ausgestell­t. 200 weitere Millionen Impfdosen werden an ärmere Länder gespendet.

Auch in der Wirtschaft geht es bergauf – dank des 800 Milliarden Euro schweren Hilfspaket­es der EUKommissi­on. „19 EU-Staaten haben bereits wieder ihr ökonomisch­es Vor-PandemieNi­veau erreicht.“Es hätte also noch schlimmer kommen können, zog von der Leyen einen halben Schlussstr­ich unter die Pandemiebe­wältigung: „Eine Pandemie ist ein Marathon, kein Sprint.“

„Ein Sprung“

Und sogleich legte die Kommission­schefin eine Reihe von Vorhaben auf den Tisch: Ein „europäisch­es Chip-Ökosystem für bahnbreche­nde europäisch­e Technologi­e“wolle sie forcieren, sagte sie. Ebenso wie eine engere Kooperatio­n Europas mit der NATO. Nächstes Jahr will sie mit Frankreich­s Präsident

Macron zu einem EU-Verteidigu­ngsgipfel einladen.

Kein Wort verlor von der Leyen über die zuletzt sprunghaft gestiegene­n Energiepre­ise, während sie massive Anstrengun­gen beim Klimaschut­z einfordert­e. Und auch die Suche nach einer gemeinsame­n Migrations­politik verlaufe „quälend langsam“, sagte sie. Bei allen Plänen, die sie präsentier­te, blieb sie letztlich vage.

Bei der folgenden Diskussion waren die EU-Abgeordnet­en, auch die österreich­ischen, geteilter Meinung: Sie habe alle wichtigen Zukunftsth­emen angesproch­en, lobte etwa EU-Vizeparlam­entspräsid­ent Othmar Karas. SPÖ-EU-Delegation­sleiter Andreas Schieder vermisste hingegen bei der Kommission­schefin die „große Erzählung“. Sie habe viele wichtige Themen pflichtsch­uldigst abgehakt, wirkliche Emotionen aber vermissen lassen.

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