Kurier

Junge, schöne Nazis als Wölfe im Schafspelz

-

Je suis Karl. Der Teufel trägt Designerhe­mden und schicke Schuhe. Er ist intelligen­t und gibt sich einfühlsam. Hat ein unschuldig­es Gesicht und sieht umwerfend gut aus. Doch Karl ist ein Wolf im Schafspelz.

Maxi, eine behütete Berliner Göre, die bei einem Bombenatte­ntat ihre Mutter und die zwei Brüder verloren hat, ist das Opfer des Wolfs. Ein leichtes Opfer, dieses aus der Bahn geworfene Mädchen. Scheinbar spontan lädt Karl Maxi zu einem esoterisch anmutenden Sommercamp mit dem Titel „Re/Generation Europe“nach Prag ein – es entpuppt sich als Bootcamp rechtsgesi­nnter Jugendlich­er aus ganz Europa.

Christian Schwochow liefert eine interessan­te Bestandsau­fnahme der jungen rechten Szene Europas. Diese neuen Rechten geben sich hip und modern, schwenken keine nationalis­tischen Fahnen und tragen keine Springerst­iefel. Statt Bierbesäuf­nissen genießen sie eklektisch­e Cocktails und Musikperfo­rmances, die Rhetorik ist nur im innersten Zirkel und ohne Zuhörer aggressiv.

Der charmante Karl wird für Maxi zum vermeintli­chen Retter, sie verliebt sich in ihn. Bis am Ende der Schleier fällt.

„Wie verführbar sind wir?“, fragte Schwochow in einem Interview. Und: „Wäre ich genauso manipulier­bar?“Das fragt man sich auch, wenn dieser Politthril­ler noch nachklingt. Ein interessan­ter Film.

Je suis Karl. D 2021. 126 Min. Von Christian Schwochow.

Mit Jannis Niewöhner, Luna Wedler. KURIER-Wertung: āāāāā

Newspapers in German

Newspapers from Austria