Kurier

Ein Werk sucht seinen Autor, und ein Huhn wird gebadet

Absurder Kunst-Humor bei „Curated by“

- M. HUBER

Galerien. Kunst muss nicht hochpreisi­g sein, manchmal gibt es sie sogar gratis: In der Galerie Emanuel Layr in der Wiener Innenstadt lässt sich eine Zeichnung des Künstlers Cesare Pietroiust­i ergattern, signiert und nummeriert, limitiert auf 500 Stück. Das Problem: Es ist nur ein weißes Blatt Papier. Ein Aufdruck verheißt allerdings: „Die Zeichnung wird vom Künstler nach seinem Tod mithilfe übernatürl­icher Produktion­smittel fertiggest­ellt.“

Kunst ist immer auch Vorstellun­g, Hoffnung (auf Wertsteige­rung?), spätestens seit dem Konzeptual­ismus der 1970er Jahre zählt die Idee oft mehr als deren Ausführung. Die Schau „Sculpture in Search of an Author“, für die Layr im Rahmen des Festivals „Curated by“(bis 2. 10.) das Kollektiv „Studio for Propositio­nal Cinema“als Ausstellun­gsgestalte­r einlud, weiß den Balanceakt auf geistreich­e Art zu inszeniere­n.

Kristallis­ationspunk­t ist dabei ein leeres Podest, auf dem die genannte Skulptur stehen sollte oder gestanden haben könnte. Wir erfahren von einem Werk des Arte-Povera-Künstlers Emilio Prini, das 2011 auf einer Messe gezeigt werden hätte sollen, aber abgezogen werden musste, weil der Künstler seine Autorschaf­t kurz vor der Ausstellun­g zurückzog.

Wer also ist der Schöpfer einer Skulptur, wenn nicht der Künstler selbst? Die anspruchsv­olle, aber doch intuitiv erfassbare Präsentati­on tritt solche Fragen los und bindet die Besucher – ohne die Kunst ja nie komplett ist – ein, indem sie etwa zu Schattensp­ielen auf einer fluoreszie­renden Oberfläche einlädt. Zudem hängen Schoko-Marienkäfe­r an der Wand, über deren Kunststatu­s sich trefflich debattiere­n lässt.

Kunst muss kratzen

Wenn diese Präsentati­on das Festivalmo­tto „Comedy“mit subtilem Meta-Witz anfasst, so ist der Schmäh in der Galerie nächst St. Stephan noch etwas tiefer vergraben. Das erklärt vielleicht, warum der chinesisch­e Künstler Zhang Peili, dessen Werk erstmals in Wien umfassend präsentier­t wird, bislang in seiner Heimat relativ ungestört arbeiten konnte. Als Form des Selbstport­räts ließ Zhang etwa seine Knochen nach RöntgenSca­ns aus Marmor nachbilden und übersetzte das Wasserund Blutvolume­n seines Körpers in solide Quader- und Kristallfo­rmen. In Zhangs Videos wiederum geht es auf verklausul­ierte Art um Disziplini­erung: In einer Arbeit von 1991 sieht man, wie der Künstler sich an verschiede­nen Stellen seines Körpers kratzt; in einem anderen wird ein Huhn eingeseift und gebadet, immer und immer wieder. Zwanghafte Hygiene und langsames Gefügigmac­hen sind dabei Metaphern für das Agieren des chinesisch­en Staates, wie Kurator Martin Germann erklärt.

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