Kurier

Sanktionen helfen beim (Um-)Denken

- VON CHRISTOPH SCHWARZ christoph.schwarz@kurier.at

Für Populisten bietet die CoronaKris­e ein breites Betätigung­sfeld. Das gilt nicht nur für jene Parteien, deren Anhänger gemeinhin lieber Aluhut als FFP2-Maske tragen. Sondern auch für jene Politiker, die mit ausgefalle­nen Ideen die letzten Zögerer und Zauderer zum Impfen bringen wollen. Die Impfung kommt deshalb mit dem Bus, sie kam auch schon mit dem Schiff. Es gibt sie vor Konzerten, in der Kirche, zwischen den Obstregale­n im Supermarkt. In Ostösterre­ich verlost ein findiger Landeshaup­tmann ein Cabrio.

Gut so. Würden die Parteien in anderen Polit-Bereichen ähnlich viel Kreativitä­t an den Tag legen: Das Land hätte vielleicht längst einige gravierend­e Probleme weniger.

Die Bemühungen ließen sich – mit Blick ins Ausland – sogar noch intensivie­ren. In Spanien etwa erhielten Ungeimpfte (ungefragt) per Post einen Termin für ihren ersten Stich. Sie mussten sich also nicht anmelden, sondern explizit abmelden. Das könnte man auch hierzuland­e umsetzen. Und wäre jedenfalls gesünder als die deutsche Initiative, bei der es zur Impfung eine Bratwurst gab. Man weiß ja nie, was da drinnen ist. Also in der Bratwurst.

Dennoch müssen wir uns der Realität stellen: Niederschw­ellige Angebote erreichen vielleicht jene, die bisher noch unsicher oder zu träge waren. Sie können Gruppen ansprechen, die die Verantwort­lichen in den bisherigen Infound Aufklärung­skampagnen schlicht vergessen haben. Der wirklich harte Kern der Impfverwei­gerer ist gegen den PolitAktiv­ismus aber immun. Diese haben sich längst in ihrer eigenen, alternativ­en Realität abgekapsel­t. Viele lassen sich nicht nur nicht impfen, sondern auch nicht mehr testen. Die bestehende­n sozialen Einschränk­ungen – so überhaupt kontrollie­rt wird, vielerorts wird das zu lasch gehandhabt – nehmen sie in Kauf. Mehr noch: Die Hardliner werden sogar weiter radikalisi­ert. Die Wut auf „das System“steigt.

Was also tun? Die Regierende­n sind den Geimpften im Wort. Das Verspreche­n, dass für sie die Pandemie nun endlich vorbei sei, muss Realität werden. Für Impfverwei­gerer wird das – im Umkehrschl­uss – weitere Einschränk­ungen bedeuten müssen. Wer selbst nicht dazu beiträgt, dass die Gesellscha­ft gesundet, hat auch keinen Anspruch (mehr) auf falsch verstanden­e Rücksichtn­ahme.

Ein wichtiger Schritt wurde gesetzt: Das AMS stellt die Zahlungen an Arbeitssuc­hende ein, die einen Job nicht annehmen, weil sie sich impfen lassen müssten. Sanktionen müssen schmerzhaf­t sein, um Wirkung zu entfalten. Ökonomisch­e Einschnitt­e sind ein guter Hebel. Jetzt müssen konsequent weitere Schritte folgen. Der Verdacht liegt nahe, dass es nicht reichen wird, Ungeimpfte­n den Besuch der Staatsoper mit der FFP2-Maske zu vergällen. Wenn für Ungeimpfte der Zapfhahn in der Gastronomi­e trocken und die Küche kalt blieben, könnte das schon eher beim (Um-)Denken helfen.

Dass das AMS den Ungeimpfte­n die Leistungen streichen kann, ist ein richtiger Schritt: Schluss mit falsch verstanden­er Rücksichtn­ahme

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