Warum Zypern als „Schlupfloch“für Migranten gilt
Immer mehr Migranten landen im griechischen Teil der geteilten Insel. Die Regierung beschuldigt die Türkei
Geteilte Insel. Ein elf Kilometer langer Stacheldrahtzaun zieht sich durch den Westen von Zyperns geteilter Hauptstadt Nikosia. Und entlang der restlichen 170 Kilometer langen „grünen Linie“, die den griechischen Süden vom türkisch besetzen Norden der Insel teilt, stehen nur 900 UNO-Soldaten. Sie sorgen dafür, dass es nicht wieder wie vor fast fünf Jahrzehnten zu Kämpfen zwischen den Volksgruppen kommt.
Über die Pufferzone nach Süden ziehende Migranten aber halten die Blauhelme nicht auf. In den vergangenen Jahren kamen jeweils mehrere Tausend. Das Dilemma: Eine Sicherung der „Grenzlinie“durch eigene Soldaten kommt für die Regierung
in Nikosia nicht in Frage – denn das hieße, die Teilung der Mittelmeerinsel und damit das türkische Nord-Zypern als eigenen Staat anzuerkennen. Und so bildete sich ein Schlupfloch für Migranten, das direkt in die EU führt.
Steigende Asylansuchen
Diese Lage benutze der türkische Präsident Erdoğan, um die griechische Republik Zypern unter Druck zu setzen. „Die Türkei benutzt die Migranten als Waffe“, ärgert sich der griechisch-zypriotische Außenminister Nikos Christodoulides. „Seit vier Jahren haben wir hier die höchste Quote von Asylansuchen aller EU-Länder.“Österreichs Europaministerin Karoline Edtstadler versichert „volle Solidarität mit den Ländern mit EU-Außengrenzen. Dieser Druck von Drittländern, Migranten zu missbrauchen, muss aufhören.“Nach Litauen und Lettland ist Zypern bereits das dritte EU-Land, das Edtstadler diese Woche besucht und wo sich ein Bild davon macht, wie Migranten als Druckmittel gegen EU-Länder herhalten müssen.
Aber auch andere Routen führen auf die Insel: Rund 1.200 Migranten sind heuer direkt im Süden gelandet. Mit Booten kamen sie aus dem Libanon, neben syrischen Flüchtlingen sitzen immer öfter auch Libanesen drinnen.
Bleiben darf keiner von ihnen. Wer aus dem Libanon kommt, egal welcher Nationalität, wird wieder zurückgeschickt. Zypern hat mit dem Libanon ein entsprechendes Abkommen geschlossen.
In den türkischen Norden aber kann Zypern die meist aus Afrika kommenden Migranten nicht zurückschieben. Denn auch das würde bedeuten, dass der griechische Süden den Norden als eigenständig anerkennt. Und so steigt die Zahl der Migranten auf der Insel weiter.
Asylsuchende von hier in die anderen EU-Staaten weiterzubringen, lehnt Brüssel bisher ab. Dies, so heißt es in der EU-Kommission, wäre ein Pullfaktor.