Commerzialbank: 52 Millionen Euro verschwunden
Banken. Dubiose Kontobuchungen in Milliardenhöhe fielen Prüfern nicht auf
Die Ermittlungen rund um die Commerzialbank Mattersburg fördern Erstaunliches ans Tageslicht. Der gerichtlich beeidete Sachverständige Karl Hengstberger hat kürzlich seinen elften Zwischenbericht vorgelegt.
Er wertet darin unter anderem die Kontobewegungen der Bank aus. Diese Auswertung hat nun ergeben, dass zumindest 573 Konten der Kategorie „fingierte Kredite mit fingierten Kunden“im Zeitraum von 2007 bis 2020 zu einem Schaden in Höhe von 183,2 Millionen Euro führten. Mehr noch: „Eine erste Analyse von 220 Bankkonten hat ergeben, dass Überweisungen und taggleiche Berichtigungen in Millionenhöhe gebucht wurden“, schreibt Hengstberger.
Das heißt, es wurden auf einem fingierten Konto Einzahlungen verbucht, die noch am selben Tag zurückgebucht wurden. Hengstberger hat in weiterer Folge die Commerzialbank-Masseverwalter um eine exemplarische Übermittlung von Bankkontoauszügen gebeten. Diese mussten einräumen, dass zu den taggleichen Kontoberichtigungen keine KontoBelege vorliegen.
9,5 Milliarden Euro
Der Sachverständige hat weitere Auffälligkeiten entdeckt. So hat die Bankvorständin Franziska K. in acht Jahren 2.269 manuelle Transaktionen (Einzahlungen) auf ein BACA-Konto in Höhe von insgesamt 9,5 Milliarden Euro durchgeführt und 8,9 Milliarden Euro an Abbuchungen (Auszahlungen) veranlasst. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Nostrokonto, ein internes Konto der Commerzialbank, von dem die Bank Austria laut Insidern nichts wusste. Doch händische Buchungen auf ein Nostrokonto sind unüblich.
„Es ist erstaunlich, welche Kontobewegungen in welchen Dimensionen stattgefunden haben, und dass das niemandem aufgefallen ist. Unserer Meinung nach hätte das auffallen müssen“, sagt Masseverwalter Michael Lentsch zum KURIER. „Das ist auch der Grund, warum wir die Republik geklagt haben, weil wir glauben, dass die Bankenaufsicht ihre Aufgabe nicht richtig erfüllt hat.“
Tatsache ist auch, dass diese „manuellen gerouteten Buchungen“den Vorort-Prüfern der Nationalbank anscheinend erst im Juni/Juli 2020 aufgefallen sind. Sie konfrontierten Banker Martin Pucher am 14. Juli 2020 mit diesen Ungereimtheiten. An diesem Tag untersagte die Finanzmarktaufsicht der Commerzialbank die Fortführung des Geschäftsbetriebs. Damit platzte der Skandal.
157 Millionen Euro
Indes sind die Masseverwalter, was die Kontobewegungen und die Malversationen betrifft, einen guten Schritt vorangekommen. Galt ursprünglich ein Betrag in Höhe von 157 Millionen Euro als aus der Bank verschwunden, so ist das Loch nach den Prüfungen durch die Masseverwalter deutlich kleiner geworden. So wurden 55 Millionen Euro für angebliche Kreditrückzahlungen und die Verschleierung von Verlusten verwendet. Weitere 50 Millionen Euro sollen an diverse externe Personen übergeben worden sein. Genauer Angaben dazu gibt es derzeit noch nicht. Unterm Strich fehlen heute „nur“noch 52 Millionen Euro.
„Wir wissen nicht, was konkret mit diesem Betrag geschehen ist, der Verbleib ist unklar“, sagt Masseverwalter Michael Lentsch.
Darüber hinaus sind an den Fußballklub SV Mattersburg und dessen Umfeld zumindest 18 Millionen ohne Rechtsgrundlage geflossen. Die Erhebungen dazu sind noch nicht abgeschlossen.