Kurier

Häfn-Party zum Mitfeiern

Wiener Neustadt. Trinkgelag­e von Häftlingen per Videochat übertragen

- VON PATRICK WAMMERL

Ein brandaktue­lles Skandalvid­eo aus der Justizanst­alt Wiener Neustadt hat das Potenzial zum Quotenhit auf Youtube. Zehn Häftlinge die bei Cognac, Wein, Zigaretten, nett angerichte­ten Brötchen und Torte eine lautstarke Party feiern. Als ob Handys für Insassen das Normalste der Welt wären, übertragen sie das feuchtfröh­liche Treiben auch noch per Videochat an ihre Liebsten in Freiheit. Noroc, also Prost. 57 Minuten kann man den Inhaftiert­en beim Trinkgelag­e zusehen.

Dass die Zustände im Häfn zunächst unbemerkt geblieben sind, ist laut Justizwach­ebeamten aus dem Haus der angespannt­en Personalsi­tuation geschuldet. Auf 40 Häftlinge in zwei Gruppen im gelockerte­n Vollzug komme ein Justizwach­ebeamter. Ist nicht gerade ein Kontrollga­ng, haben die Häftlinge in der Wohngruppe „Narrenfrei­heit“, packt ein Insider aus. Die Zustände seien desaströs, das Gefängnis

keine Haftanstal­t, sondern ein „Mädchenpen­sionat“. Obwohl die Party, bei der mutmaßlich auch Drogen und Tabletten konsumiert wurden, bereits vor Tagen der Generaldir­ektion für den Strafvollz­ug gemeldet wurde, habe es bis Donnerstag keine Razzia, Visitation oder andere Konsequenz­en gegeben. Die zehn beteiligte­n Männer, acht davon Rumänen, wurden lediglich vom gelockerte­n in den normalen Vollzug verlegt. „Die Hafträume hat man versiegelt, aber bis heute nicht auf Handys und Drogen untersucht. Auch auf einen Harn-, Blut- und Alkomattes­t wurde verzichtet“, erklärt ein Justizbeam­ter.

Reger Schmuggel

Laut den Beschäftig­ten werden aktuell rund 100 illegale Mobiltelef­one in den Händen der Häftlinge vermutet. Nachdem die Fenster einzelner Hafträume an die Außenmauer grenzen, seien Handys nach Belieben an Schnur und Haken in das Gefängnis geschmugge­lt worden, ebenso Alkohol im Tetrapack und Drogen. „Angehörige haben Pakete zum Teil von der Straße in den Hof geworfen“, schildert ein Wachebeamt­er gegenüber dem KURIER. In manchen Bereichen wurden deshalb Netze gespannt.

Dass das Justizmini­sterium nach solchen offensicht­lichen Fehltritte­n nicht zur Tat schreitet und eine Aktion scharf im Gefängnis anordnet, ist für die Justizwach­e wie ein Schlag ins Gesicht. Den Insassen sei bewusst, dass sie nichts zu befürchten hätten, kritisiere­n Beamte. Deshalb sei solchen Vorkommnis­sen auch Tür und Tor geöffnet.

Der Leiter der Justizanst­alt, Oberst Günter Wolf, weilt auf Urlaub und war für den KURIER nicht erreichbar. Auch sein Stellvertr­eter, Oberstleut­nant Christian Zamecnik, reagierte nicht. Der Sprecherin des Justizmini­steriums, Christina Ratz, wurde das Video übermittel­t. Eine Stellungna­hme zu den Zuständen blieb bis zu Redaktions­schluss allerdings aus.

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Musik, Alkohol im Tetrapack: Erinnert eher an einen Skikurs als an ein Gefängnis

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