Der gelebte Traum von einer besseren und faireren Welt
Nicholas Monu spielt „Othello“in St. Pölten
Landestheater. Wenn man als Sohn des Prinzen von Asaba (Nigeria) zum Theater gehen will, hat man es nicht leicht. Der Vater enterbt einen sofort; aufgrund der Hautfarbe sind Widerstände in Europa vorprogrammiert. Doch Nicholas Monu hat es geschafft. Das Tschechow-Kunsttheater Moskau, die Royal Shakespeare Company in London, die Berliner Schaubühne und das Wiener Burgtheater sind nur einige der Stationen, die der heute nahe bei Salzburg lebende Nicholas Monu durchlaufen hat. Nun spielt er die Titelrolle in William Shakespeares „Othello“am Landestheater Niederösterreich und meint lachend im KURIER-Gespräch: „Ich war fünf Jahre im Ensemble des Burgtheaters, aber kaum jemand kennt mich. Das kann ja passieren.“
Weltenwanderer
Passiert ist dem inzwischen 56-Jährigen in seinem Künstlerleben schon viel. Erst die Flucht der Familie vor dem Biafra-Bürgerkrieg, eine Ausbildung in England und in Deutschland, vier Preise als Sänger (Sopran!), dann die große Bühnenwelt. „Ich habe im Alter von sechs, sieben Jahren schon gewusst, dass ich zum Theater möchte. Das hat vielen gar nicht gefallen“, so das auch im Film (etwa „Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott“) oder Fernsehen (u. a. „Tatort“) präsente Multitalent. Denn Nicholas Monu ist auch Theaterregisseur, experimenteller Filmemacher und sehnt sich „nur mehr nach Sprechrollen“in der Welt der Oper.
Den Othello sieht er als „Opfer einer rassistisch geprägten Welt“, auch als AlphaMann, der „Täter und Opfer zugleich ist, der „eine zerbrochene Seele in sich birgt“. Monu weiter: „Theater kann die Gesellschaft verändern, kann eventuell Vorurteile abschaffen. Aber wir haben da noch einen langen Weg vor uns.“
Weltenbeweger
Das einzig Gute an der Pandemie sei, „dass wir viel nachdenken konnten, dass Bewegungen wie ,Black Lives Matter’ oder ,Fridays For Future’ im Bewusstsein der Öffentlichkeit angekommen sind. Ich möchte auch meinen Teil dazu beitragen, dass wir alle in einer besseren und faireren Welt leben können“, so der politisch denkende Künstler. „Ich werde mit meiner Stimme allein die Welt nicht bewegen können, aber viele dieser Stimmen sind schon ein ganz schöner Chor.“
Womit wir wieder bei der Musik wären, die Nicholas Monu „so gar nicht“loslässt. Ja, so einen Bassa Selim in Wolfgang Amadeus Mozarts „Entführung aus dem Serail“würde er gerne – wie im Jahr 2001 an der Wiener Volksoper – wieder geben. „Ich bin freischaffend, das hat Vorteile und Nachteile. Ich bin flexibel, kann mir Dinge aussuchen. Doch wenn keine Angebote kommen, ist man ziemlich allein. Denn so ganz sind wir Farbige bei einem Teil der Bevölkerung offenbar noch immer nicht in Europa angekommen. Dabei sind wir – wie auch Othello – Teil dieser Gemeinschaft.“