Kurier

Interview der Woche

- IDA METZGER (TEXT) JEFF MANGIONE (FOTO)

sich genug andere den Stich geben, muss ich mich nicht impfen lassen. Der Umgang mit Krisen ist langsam, reaktiv und wie ein Brennglas für unser infizierte­s Denken. In einigen Ländern wie Norwegen, Schottland oder Dänemark ist die Impfquote trotzdem höher als in Mitteleuro­pa. Was unterschie­det diese Länder? Sie sind nicht so extrem vom Donald-Trump-Fake-NewsPhänom­en – heute so und morgen so – und der Absoluthei­t der Twitter-Headlines geprägt. In diesen Ländern ist die Bereitscha­ft für den kollektive­n Einsatz größer. Sie sagen sich: „Wir tun es für alle“.

Wie schaut der Ausweg aus dem infizierte­n Denken aus?

Wir rücken mehr zusammen, Kulturen vermischen sich, die Sprachen werden ähnlicher und dennoch sind wir gefühlt gespaltene­r als je zu vor. Das bedeutet, wir brauchen nicht eine Wissensges­ellschaft, denn Wissen bedeutet nicht Verstehen. Wir brauchen viel mehr eine Gesellscha­ft des Verstandes. Also die Fähigkeit, mit Informatio­nen umzugehen. Kollaborat­ion, KoKreation, Diskussion, Navigieren, Sachen verstehen, Interpreta­tion – das sind wichtige Fähigkeite­n, die die Menschen durch die Verabsolut­ierung zunehmend verlernen. Das heißt, wir müssen unsere Bildungssy­steme anpassen und das Grundprinz­ip der Bildung in unsere Schulen bringen: Lernen zu lernen.

Sie sprechen davon, dass wir uns in einer Gefangensc­haft von Selbstvers­tändlichke­iten befinden. Mit Bequemlich­keit kann man nicht den Klimawande­l schaffen. Können wir Krisen überhaupt noch bewältigen?

Am Freitag vor der deutschen Wahl ist ein großer Klimastrei­k angesetzt. Ich bin mir sicher, der Klimastrei­k wird kontraprod­uktiv für die Grünen sein. Die Menschen werden aus Bequemlich­keit die CDU/CSU wählen. Die Stabilität und das Bewahren des Ist-Zustandes ist ihnen wichtiger. Deswegen sage ich: Die Agenda für Limitieren und Regulieren ist nicht ausreichen­d bei einer egozentris­chen Menschheit. Es ist schon wichtig, dass wir uns von der Dekadenzge­sellschaft verabschie­den. Canapé und Chardonnay kann es nicht zu jeder Mahlzeit geben. Es ist auch wichtig, dass wir eine perfekte Kreislaufw­irtschaft schaffen. Der dritte Punkt ist eine Öko-Utopie statt einer Ökohysteri­e. Werden wir aufhören, mit dem Flugzeug unterwegs zu sein? Nein, werden wir nicht. Deswegen müssen wir energiebef­reite Flugzeuge herstellen. Dafür benötigt es aber milliarden­hohe

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