Kurier

Ohne Worte

Was haben Götter Poseidon und Eros gemeinsam? Und wie unterschei­den sie sich von Athene? Kooperativ­e Deduktions­spiele wie „Similo“fordern auch erfahrene Spieler

- VON CHRISTOPH SCHWARZ

„Man kann nicht nicht kommunizie­ren“, postuliert­e einst der berühmte Philosoph und Psychoanal­ytiker Paul Watzlawick. Manchmal, möchten wir anfügen, ist das aber ganz schön schwierig.

Wie schwierig es sein kann, das lehrt uns das Spiel Similo, Vertreter einer jungen Generation an Kommunikat­ionsspiele­n, die alle einer Grundregel folgen: Gespielt und gerätselt wird im Team, aber (fast) ohne Worte. Dass wir da noch viel genauer auf einander hören – also uns in unsere Gegenüber hineinfühl­en und hineindenk­en – müssen, ist einer der spannendst­en Aspekte des Spiels.

Erschienen sind in der Similo-Spieleseri­e bereits mehrere Kartendeck­s. Wir greifen zur „Mythen“-Edition, weil wir dabei nicht nur ziemlich viel über unsere eigene (verkümmert­e) Assoziatio­nsfähigkei­t, sondern auch gleich noch über die Welt der griechisch­en Götter, Helden und Monster lernen.

Das Kartendeck fasst 30 mehr oder weniger bekannte Charaktere. Göttervate­r Zeus darf jedenfalls ebenso wenig fehlen wie sein heldenhaft­er Sohn Herakles, Pandora (die mit der üblen Büchse) und der Minotaurus, der – halb Mensch, halb Stier – gefangen in einem Labyrinth auf Kreta lebte.

Ein Spieler (er fungiert diese Runde als Tippgeber) zieht eine der Karten und sieht sie sich an. Sie ist die gesuchte Karte in dieser Partie, die alle Spieler gemeinsam ausfindig machen müssen. Zusammen mit elf weiteren, zufällig gezogenen Karten wird der gesuchte Charakter – siehe Bild – nun offen ausgelegt.

Die Aufgabe

Die Aufgabe: Der Tippgeber hat fünf Runden lang Zeit, den Rest seines Teams auf die richtige Fährte zu führen. Das Problem: Er muss dabei stumm bleiben. Die anderen Spieler (oder der andere, denn auch zu zweit macht das Spiel bereits große Freude) dürfen laut nachdenken und spekuliere­n. (Spoiler: Gar nicht so einfach für den Tippgeber, da emotionslo­s zu bleiben.) Mithilfe seiner Handkarten – weitere Charaktere aus dem Deck – versucht der Tippgeber nun, die Überlegung­en der anderen in die richtige Richtung zu dirigieren. Jede Runde legt er eine Tipp-Karte offen aus – und zwar auf eine von zwei Weisen: Legt er sie hochformat­ig (wie oben Dionysos, Gott des Weins), so deutet er damit eine Gemeinsamk­eit zum gesuchten geheimen Charakter an. Legt er die Karte querformat­ig aus (wie den flötenspie­lenden

Pan), so signalisie­rt er damit einen Unterschie­d zum gesuchten Charakter.

Klingt simpel? Ist es nicht. Denn welche Gemeinsamk­eit gemeint ist, darüber wird

rasch eine lebhafte Debatte losbrechen: Hat der gesuchte Charakter dasselbe Geschlecht wie Dionysos? Ist er ebenfalls ein Gott? Oder ist der Tipp deutlich subtiler? Es können physische Eigenschaf­ten ebenso sein wie Emotionen, die sich mit einer Karte verbinden lassen (War Ares ein übler Kerl, Eros aber nicht?) oder Gedankensp­iele. Die am Kartenrand vermerkten Infos zu den Charaktere­n können hilfreich sein, lehrreich sind sie in jedem Fall. (Oder wussten Sie, dass die kriegerisc­hen Amazonen Töchter des Ares waren?)

Nach der ersten Tippkarte müssen die ratenden Spieler eine (hoffentlic­h) falsche Karte aus der Auslage entfernen. Nach dem zweiten Tipp müssen zwei weitere Karten aussortier­t werden. Nach dem dritten Tipp sind es drei, nach dem vierten Tipp nochmals – Sie ahnen es bereits! – vier Karten. Spätestens da wird es knifflig. Es bleiben nur zwei Karten übrig. Nach dem fünften Tipp folgt die Entscheidu­ng zwischen den letzten beiden Karten, die übrig sind.

Was wir dabei lernen: Jeder Tippgeber (die Rolle wechselt von Runde zu Runde) tickt und assoziiert anders. Und oftmals denken wir alle viel zu komplizier­t.

Auch nach vielen Runden wird Similo nicht langweilig. Falls doch: In der Serie sind die unterschie­dlichsten Sets erschienen – von „Märchen“über „Geschichte“bis „Wilde Tiere“, im Oktober kommt eine „Halloween“-Edition. Bei jedem Set müssen andere Assoziatio­nsmuster gefunden werden. Fortgeschr­ittene können zwei Sets kombiniere­n: Historisch­e Personen mithilfe von Tierkarten erraten? Schwierig.

Ein besonderer Reiz des Spiels liegt in seiner pointierte­n Illustrati­on, die auch beim Tippen hilft. Verantwort­lich dafür zeichnet der Franzose Xavier „Naïade“Durin, der mit Similo: Wilde Tiere dieses Jahr für den Spielegraf­ikpreis „Graf Ludo“nominiert ist.

Der Inspektor ermittelt Übrigens: Das kombiniert­e Karten- und Würfelspie­l Inspektor Nase aus dem „Nürnberger Spiele Verlag“treibt das Prinzip noch auf die Spitze. Hier gilt es, unter fünf Karten – vom Schlauchbo­ot bis zur Krawatte ist alles dabei – die richtige zu finden.

Der Tippgeber hat Symbolwürf­el zur Verfügung, die alles Mögliche zeigen, aber definitiv nichts Hilfreiche­s. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Nur wer gehörig um die Ecke denkt – Kinder sind oft im Vorteil! –, wird auch hier siegen.

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