Ohne Worte
Was haben Götter Poseidon und Eros gemeinsam? Und wie unterscheiden sie sich von Athene? Kooperative Deduktionsspiele wie „Similo“fordern auch erfahrene Spieler
„Man kann nicht nicht kommunizieren“, postulierte einst der berühmte Philosoph und Psychoanalytiker Paul Watzlawick. Manchmal, möchten wir anfügen, ist das aber ganz schön schwierig.
Wie schwierig es sein kann, das lehrt uns das Spiel Similo, Vertreter einer jungen Generation an Kommunikationsspielen, die alle einer Grundregel folgen: Gespielt und gerätselt wird im Team, aber (fast) ohne Worte. Dass wir da noch viel genauer auf einander hören – also uns in unsere Gegenüber hineinfühlen und hineindenken – müssen, ist einer der spannendsten Aspekte des Spiels.
Erschienen sind in der Similo-Spieleserie bereits mehrere Kartendecks. Wir greifen zur „Mythen“-Edition, weil wir dabei nicht nur ziemlich viel über unsere eigene (verkümmerte) Assoziationsfähigkeit, sondern auch gleich noch über die Welt der griechischen Götter, Helden und Monster lernen.
Das Kartendeck fasst 30 mehr oder weniger bekannte Charaktere. Göttervater Zeus darf jedenfalls ebenso wenig fehlen wie sein heldenhafter Sohn Herakles, Pandora (die mit der üblen Büchse) und der Minotaurus, der – halb Mensch, halb Stier – gefangen in einem Labyrinth auf Kreta lebte.
Ein Spieler (er fungiert diese Runde als Tippgeber) zieht eine der Karten und sieht sie sich an. Sie ist die gesuchte Karte in dieser Partie, die alle Spieler gemeinsam ausfindig machen müssen. Zusammen mit elf weiteren, zufällig gezogenen Karten wird der gesuchte Charakter – siehe Bild – nun offen ausgelegt.
Die Aufgabe
Die Aufgabe: Der Tippgeber hat fünf Runden lang Zeit, den Rest seines Teams auf die richtige Fährte zu führen. Das Problem: Er muss dabei stumm bleiben. Die anderen Spieler (oder der andere, denn auch zu zweit macht das Spiel bereits große Freude) dürfen laut nachdenken und spekulieren. (Spoiler: Gar nicht so einfach für den Tippgeber, da emotionslos zu bleiben.) Mithilfe seiner Handkarten – weitere Charaktere aus dem Deck – versucht der Tippgeber nun, die Überlegungen der anderen in die richtige Richtung zu dirigieren. Jede Runde legt er eine Tipp-Karte offen aus – und zwar auf eine von zwei Weisen: Legt er sie hochformatig (wie oben Dionysos, Gott des Weins), so deutet er damit eine Gemeinsamkeit zum gesuchten geheimen Charakter an. Legt er die Karte querformatig aus (wie den flötenspielenden
Pan), so signalisiert er damit einen Unterschied zum gesuchten Charakter.
Klingt simpel? Ist es nicht. Denn welche Gemeinsamkeit gemeint ist, darüber wird
rasch eine lebhafte Debatte losbrechen: Hat der gesuchte Charakter dasselbe Geschlecht wie Dionysos? Ist er ebenfalls ein Gott? Oder ist der Tipp deutlich subtiler? Es können physische Eigenschaften ebenso sein wie Emotionen, die sich mit einer Karte verbinden lassen (War Ares ein übler Kerl, Eros aber nicht?) oder Gedankenspiele. Die am Kartenrand vermerkten Infos zu den Charakteren können hilfreich sein, lehrreich sind sie in jedem Fall. (Oder wussten Sie, dass die kriegerischen Amazonen Töchter des Ares waren?)
Nach der ersten Tippkarte müssen die ratenden Spieler eine (hoffentlich) falsche Karte aus der Auslage entfernen. Nach dem zweiten Tipp müssen zwei weitere Karten aussortiert werden. Nach dem dritten Tipp sind es drei, nach dem vierten Tipp nochmals – Sie ahnen es bereits! – vier Karten. Spätestens da wird es knifflig. Es bleiben nur zwei Karten übrig. Nach dem fünften Tipp folgt die Entscheidung zwischen den letzten beiden Karten, die übrig sind.
Was wir dabei lernen: Jeder Tippgeber (die Rolle wechselt von Runde zu Runde) tickt und assoziiert anders. Und oftmals denken wir alle viel zu kompliziert.
Auch nach vielen Runden wird Similo nicht langweilig. Falls doch: In der Serie sind die unterschiedlichsten Sets erschienen – von „Märchen“über „Geschichte“bis „Wilde Tiere“, im Oktober kommt eine „Halloween“-Edition. Bei jedem Set müssen andere Assoziationsmuster gefunden werden. Fortgeschrittene können zwei Sets kombinieren: Historische Personen mithilfe von Tierkarten erraten? Schwierig.
Ein besonderer Reiz des Spiels liegt in seiner pointierten Illustration, die auch beim Tippen hilft. Verantwortlich dafür zeichnet der Franzose Xavier „Naïade“Durin, der mit Similo: Wilde Tiere dieses Jahr für den Spielegrafikpreis „Graf Ludo“nominiert ist.
Der Inspektor ermittelt Übrigens: Das kombinierte Karten- und Würfelspiel Inspektor Nase aus dem „Nürnberger Spiele Verlag“treibt das Prinzip noch auf die Spitze. Hier gilt es, unter fünf Karten – vom Schlauchboot bis zur Krawatte ist alles dabei – die richtige zu finden.
Der Tippgeber hat Symbolwürfel zur Verfügung, die alles Mögliche zeigen, aber definitiv nichts Hilfreiches. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Nur wer gehörig um die Ecke denkt – Kinder sind oft im Vorteil! –, wird auch hier siegen.