Das Testament des Kaisers
Zwischen den Zeiten. Serie Teil 1. Aus dem neuen Buch von Georg Markus. Heute: Wer die Erben von Franz Josephs Privatvermögen waren
Kaiser Franz Joseph war ein sehr vermögender Mann. Dementsprechend umfangreich sind die drei Testamente, die er in seinem Leben verfasst hat. Wo die beiden ersten – aus den Jahren 1889 und 1899 – verblieben sind, ist unbekannt, gültig ist ohnehin nur das vom 6. Februar 1901. Die ersten beiden Testamente wurden nach Kronprinz Rudolfs beziehungsweise Kaiserin Elisabeths unerwarteten Todesfällen erstellt, zumal durch diese Tragödien zwei wichtige Erben verstorben waren.
Das einzig gültige Testament ist in mehrere Gruppen unterteilt: Zu des Kaisers Privatfonds zählten seine persönlichen Besitzungen wie die Kaiservilla in Ischl, mehrere Schlösser und die Hermesvilla im Lainzer Tiergarten. Dazu noch ein stattliches Vermögen, das in Wertpapieren und Barschaften angelegt war.
Töchter und Enkelin Andere Vermögensteile und Güter in Ungarn, der Tschechoslowakei und in Laxenburg bei Wien gehörten zum Familienfonds. Den wertvollsten Besitz stellte das Hofärar dar. In diese Gruppe fielen Schönbrunn, Belvedere, Hofburg,
Salzburger Residenz und ein Großteil der Kronjuwelen. Sowohl Hofärar als auch das Kaiser Franz Joseph-Fideikommiss, zu dem weitere Ländereien zählten, waren im Staats- bzw. Familienbesitz, sollten aber dem jeweiligen Träger der Krone zur Verfügung stehen – ab 1916 also Kaiser Karl I. Was sein Privatvermögen betrifft, ernannte Kaiser Franz Joseph „zu Erben Meines beweglichen und unbeweglichen Vermögens zu drei Theilen
1. Meine Tochter Gisela, Prinzessin von Bayern,
2. Meine Tochter Erzherzogin Marie Valerie.
3. Meine Enkelin Erzherzogin Elisabeth Marie, Tochter
Meines verewigten Sohnes, Kronprinzen Rudolfs.“
Das Privatvermögen, das unter den beiden Töchtern und der Enkelin aufzuteilen war, umfasste zum Zeitpunkt des Todes Kaiser Franz Josephs im Jahr 1916 rund 46 Millionen Kronen (entspricht heute 65 Millionen Euro).
Die Aufteilung
„Franz Joseph traf in seinem Testament auch gleich Regelungen für die Aufteilung des Nachlasses zwischen seinen drei Erbinnen“, schreibt der Jurist und Historiker Christoph Schmetterer in seinem Kommentar zu den letztwilligen Verfügungen. „Marie Valerie
(die jüngere Tochter, Anm.) sollte die Immobilien erhalten und die beiden anderen Erbinnen Gisela und Elisabeth dafür in bar abfinden.“
Weiters beschloss Franz Joseph dem Thronfolger Franz Ferdinand „aus Unserem Privatfonde eine Vermögensmasse von 60 Millionen Kronen … zu widmen“. Tatsächlich erhalten hat den Betrag dann sein Nachfolger Kaiser Karl.
Nicht genug damit, hinterließ der Kaiser mehrere Renten, darunter jährlich 100.000 Kronen an die frühere Kronprinzessin Stephanie, die Witwe seines Sohnes Rudolf.
Der Kaiser legte darüber hinaus Wert darauf, aus seinem Privatvermögen die Diener seines Hofstaats zu bedenken („Kammerpersonale, Leibjäger, Lakaien, Hausdiener“). Auch seien, „da Mich der Allmächtige mit irdischen Gütern reichlich gesegnet hat“, Hilfsbedürftige zu unterstützen.
Achtseitiges Testament „Diese Meine letztwilligen Verfügungen erkläre Ich als die ausschließlich allein giltigen... Alle anderen, wo immer sich befindlichen und wie immer lautenden früheren erkläre ich für null und nichtig und ohne jede gesetzliche Kraft … Wien, 6. Februar 1901 Franz Joseph.“Das Original des acht Seiten starken Letzten Willens
befindet sich im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv. Interessanterweise wird das Testament in keiner Franz-JosephBiografie näher erwähnt.
Aus Testament gestrichen
Ursprünglich sollte auch Katharina Schratt an der Erbschaft teilhaben. „Ich habe Sie so bedacht“, schrieb er ihr 1889 in einem Brief, „dass Sie nach meinem Tode von Sorgen frei sein können.“In einem Konzept, betitelt „Letztwillige Verfügung“, hielt der Kaiser fest: „Der Schauspielerin Frau Katharina Schratt, mit welcher Mich innige Freundschaft verbindet ... vermache ich aus Meiner Handkasse 500.000 Gulden“(2,5 Millionen Euro).
Als es aber zur Schlussfassung kam, meinten Franz Josephs Berater, dass die Erwähnung einer Bürgerlichen im Letzten Willen eines Kaisers undenkbar sei. Tatsächlich erhielt die Freundin dann noch zu seinen Lebzeiten erhebliche Geldsummen und wertvollen Schmuck, wurde dafür aber im Testament nicht bedacht.
Zum Teil steuerfrei
Nach dem Zusammenbruch der Monarchie wurden die Habsburger-Besitzungen in sämtlichen Nachfolgestaaten enteignet, lediglich in der nunmehrigen Republik Österreich blieben die im Privatfonds
genannten Güter im Eigentum der Familie.
Das gültige Testament des Kaisers wurde handschriftlich verfasst, wobei nur die Unterschrift von ihm selbst stammt, der Wortlaut wurde einer Kanzleikraft diktiert.
Die Verlassenschaft war laut einem Beschluss aus dem Jahr 1855 zum Teil steuerfrei. Christoph Schmetterer: „Damals war entschieden worden, dass bei Erbanfällen innerhalb des Herrscherhauses die Erbgebühr nur für Immobilien entrichtet werden musste, nicht aber für bewegliches Vermögen.“Dabei blieb es auch bis zum Ende der Monarchie.
Knapp vor dem Ende
Am 9. Oktober 1918 wurde der Nachlass Kaiser Franz Josephs seinen drei Erbinnen übergeben. Gut einen Monat später endete die Regentschaft der Habsburger. Ihre Erbschaft blieb den Erbinnen auch in der Republik Österreich erhalten, da es sich dabei um Privatvermögen im Sinne des Habsburgergesetzes handelte. Allerdings gingen weite Teile, sofern sie in Bargeld und in Wertpapieren angelegt waren, durch die Inflation der 1920er-Jahre verloren.