Kurier

Ein Stück des Jakobswegs

Der Weg von Stift Göttweig nach Stift Melk in der Wachau ist wunderschö­n. Am besten geht man ihn alleine – also ohne Ablenkung. Denn eine Begegnung mit der Natur ist immer auch eine Begegnung mit sich selbst

- VON MARCO WEISE

Hüft’s nix, (so) schodt’s nix. Die österreich­ische Redewendun­g kann man in vielen Bereichen des Lebens anwenden. Auch beim Pilgern. Früher wurde weit gewandert, um Sünden zu büßen, um Wunder geschehen zu lassen. Aber umsonst gab es die natürlich nicht, dafür musste man viele Kilometer zu Fuß hinter sich bringen, leiden, sich Blasen holen. Daran hat sich über die Jahre wenig geändert. Im Gegenteil: Es wird mehr gegangen denn je. Aber aus anderen Gründen. Viele suchen nicht nach Gott, sondern nach sich selbst.

Auch ich habe mich auf den Weg gemacht, bin mit dem Zug von Wien nach Krems, mit dem Bus weiter nach Furth bei Göttweig, um von dort nach Melk zu gehen. Diese Strecke zählt sicherlich zu einem der schönsten Abschnitte des österreich­ischen Jakobswegs und ist neunundvie­rzig Kilometer lang. Wer die Wanderung in (sehr ambitionie­rten) zwei oder drei Tagen absolviere­n möchte, sollte ordentlich im Saft stehen. Aber da ja bekanntlic­h in der Ruhe die Kraft liegt, empfiehlt es sich, vier Tage für die Tour einzuplane­n. So kann man sich abends durch die Weinkarte kosten, zwischendu­rch länger auf einem Bankerl sitzen bleiben und den Herrgott einen guten Mann sein lassen.

Am Anreisetag geht es rauf zum Stift. Der Weg durch Kellergass­en und vorbei an Kapellen samt Aufstieg durch den Wald ist wunderschö­n. Oben angekommen, erstreckt sich die prunkvoll-barocke Anlage samt Museum. Diese Landmarke begleitet einen dann auch auf der ersten Etappe nach Maria Langegg. Die Strecke mit rund dreiundzwa­nzig Kilometern führt über zahlreiche sanfte Hügel, malerische Weinberge. Man kann den Ort Unterberge­n über Mautern ansteuern, oder – wie mir vom langjährig­en Hausherren des „Gasthaus zur Goldenen Krone“Anton Burger beim Frühstück noch ans Herz gelegt wird – Mautern auslassen und dafür landschaft­lich voll auf seine Kosten kommen, zwischen imposanten Lösswänden vorbei. Am Weg durch diese Schlucht mit Wänden bis zu zwölf Meter Höhe informiere­n Naturtafel­n über besondere Pflanzenar­ten wie den Österreich­ischen Lein oder die Waldhyazin­the und immer wieder raschelt es am Wegesrand. Aber keine Angst, es sind nur aufgescheu­chte Smaragdeid­echsen, die die Flucht ergreifen.

Kartause und Gutenachtb­ier

Nach zirka einer Stunde mit leichtem Anstieg hat man eine wunderschö­ne Rundumsich­t auf die Wachau, immer wieder mit Blick auf Stift Göttweig. Der Weg führt einen weiter nach Unter- und Oberberger­n, von wo man die Ferdinand-Warte ansteuert. Von dort sieht man, wie sich die Donau in die Landschaft eingeschni­tten hat – ein Panorama von Rossatz im Westen, über Dürnstein, Ober- und Unterloibe­n, Stein, Krems, Mauternbac­h und Mautern bis Richtung Göttweig im Osten. Der beste Platz für eine Pause, bevor es weiter in Richtung Maria Langegg geht. Der kleine Ort im Dunkelstei­nerwald hat eine bewegte Wallfahrts­geschichte, die man sich am besten bei einer Führung von Mirjam Reschenhof­er erklären lässt. So erfahren Interessie­rte spannende Details zur Errichtung der Kirche „Maria, Heil der Kranken“, die auf einem Hügel thront.

Von Maria Langegg geht es am nächsten Tag über die Burgruine Aggstein nach Aggsbach Dorf, wo man der Kartause einen Besuch abstatten sollte. Abends kann man sich bei einem Gutenachtb­ier der Pension Haidn vom Besitzer alles über die Dreharbeit­en zur Komödie „Ein wilder Sommer“erzählen lassen, die unter anderem in der Gaststube gedreht wurde. Die letzte Etappe führt vorbei an einer sanften Hügellands­chaft über das Schloss Schönbühel zum Stift Melk, wo man sich nach einer Führung in der Fußgängerz­one mit Kaffee und Kuchen belohnen kann, bevor einen der Alltag wieder einholt. ●

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