Kurier

Lisa Th. Hauser Weltmeiste­rin

Lisa Hauser. Die Tirolerin sorgte für die erste WM-Goldmedail­le einer österreich­ischen Biathletin. Wie sich ihr Leben verändert hat, welche Ziele sie verfolgt und warum bei ihr immer seltener Tränen fließen

- VON CHRISTOPH GEILER

Die Biathletin über den Erfolg und ihren plötzlich so hohen Bekannthei­tsgrad

Am Freitag fand Lisa Theresa Hauser Aufnahme in einen elitären Männerbund. Als erste Frau überhaupt erhielt die 27-Jährige eine Gondel bei der Hahnenkamm­bahn. Diese Ehre wird normalerwe­ise nur den Siegern der berühmten Hahnenkamm­rennen und Goldmedail­lengewinne­rn des Kitzbühele­r Skiclubs (K.S.C) zuteil. Dank ihres WM-Titels im Massenstar­tbewerb, der ersten Goldmedail­le einer österreich­ischen Biathletin überhaupt, fährt nun auch eine Gondel von K.S.C.-Mitglied Hauser zum Start der Streif. „Cool. Das haben sie extra für mich gemacht.“

KURIER: Wie sehr hat sich Ihr Leben als Weltmeiste­rin denn verändert?

Lisa Hauser: Dieser Sommer war anders als die vergangene­n Jahre. Nicht wegen Corona, sondern weil ich einfach mehr zu tun hatte. Es gab immer wieder Termine und Auftritte. Manchmal musste ich auch Nein sagen, weil’s mir sonst zu viel geworden wäre. Grundsätzl­ich empfinde ich es aber als Riesenehre, dass ich so gefragt bin.

Wann hatten Sie Zeit, Ihre erfolgreic­he Saison in Ruhe Revue passieren zu lassen?

Es war brutal, weil sich so viel getan hat. Und ich hatte das Gefühl, dass jede Woche wieder etwas dazu gekommen ist: Das erste Podium, der erste Weltcupsie­g, die erste WM-Medaille, dann noch der Titel – es ist im letzten Winter Schlag auf Schlag gegangen. Wissen Sie, wann ich Zeit hatte, das erste Mal über meine Goldmedail­le in Ruhe nachzudenk­en?

Wann und wo denn?

Bei der Heimreise. Nach dem Rennen ist dafür ja keine Zeit. Man muss zur Siegerehru­ng, man wird von Interview zu Interview gereicht, muss ständig von Deutsch auf Englisch wechseln. Ich bin dann allein mit dem Auto von Pokljuka heimgefahr­en und das war wirklich fein und angenehm. Nach all dem Trubel hatte ich endlich Zeit für mich allein. Während der Fahrt bin ich richtig in Gedanken versunken. Nach der Saison habe ich mir dann in aller Ruhe noch einmal die wichtigste­n Rennen angeschaut.

Wie geht’s Ihnen dabei, sich selbst beim Gewinnen zuzusehen?

Ich werde da schon richtig emotional, da steigt der Puls daheim auf der Couch.

Manche Sportler fallen nach so großen Erfolgen in ein kleines Loch. Wie ist’s Ihnen ergangen?

Es stimmt schon: Das große Ziel, das ich all die Jahre verfolgt habe, ist jetzt weg. Aber das heißt ja nicht, dass ich nicht neue Ziele habe. Im Training musste ich oft daran denken, was ich im letzten Winter alles erreicht habe. Wie cool das doch ist. Das war für mich fast eine zusätzlich­e Motivation. Ich musste mich nicht aufraffen, um den inneren Schweinehu­nd zu überwinden.

Ist es ein Vorteil, dass Sie bereits so viele Erfolge eingefahre­n haben, oder steigt dadurch der Druck?

Klar wird es in diesem Winter, wenn ich am Start bin, heißen: Das ist die Hauser Lisa, die Weltmeiste­rin im Massenstar­t. Mir ist bewusst, dass ich oft so angekündig­t werde. Aber irgendwie macht es das Ganze auch einfacher. Ich kann sagen, ich habe das große Lebensziel erreicht und kann alles, was noch kommt, genießen. Wenn ich zum Beispiel einmal ein schlechtes Rennen haben sollte – mein Gott, ist halt passiert. Ich habe es bewiesen, dass ich es kann. Ich habe das Gefühl, dass ich es lockerer angehen kann.

Wie präsent ist Olympia?

Die Winterspie­le sind noch relativ weit weg. Ich habe mich wegen Peking auch nicht anders vorbereite­t, sondern versucht, so zu trainieren wie im letzten Sommer. Ich freue mich auf alle Rennen, Olympia hat bei mir nicht die oberste Priorität.

Ist es denn ein Problem, dass Sie und Ihre Kollegen Neuland

betreten und die Loipen und den Schießstan­d nicht kennen?

Das ist eigentlich egal, weil es für alle gleich ist. Man muss auch dort fit und gut drauf sein, und dann spielt es keine Rolle, wie die Loipe ist. Wenn du nicht in Form bist, dann wird’s so oder so überall ein Krampf.

Aus Ihnen spricht die Gelassenhe­it einer routiniert­en Biathletin.

Ich werde inzwischen manchmal schon als alter Hase bezeichnet, weil ich seit 2013 dabei bin. Ich selbst fühle mich nicht so. In Wahrheit kommt man mit 26, 27 erst ins beste Biathlon-Alter.

Gehen Sie heute anders in einen Wettkampf als noch vor einigen Jahren?

Ganz bestimmt. Ich grüble heute nach einem schlechten Rennen zwar auch noch einige Zeit herum, aber ich kann es viel leichter verkraften. Früher sind schon noch öfter Tränen geflossen.

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