Sieg trotz Verlusten für Putin-nahe Kremlpartei
Russland wählte ein neues Parlament
Machtfrage. 110 Millionen Wahlberechtigte waren über das gesamte Wochenende in Russland aufgefordert, über die neue Zusammensetzung des russischen Unterhauses (Duma) abzustimmen. Die Wahl war überschattet von Betrugsund Blockadevorwürfen vonseiten der Opposition. Viele Russen glauben nicht daran, dass ihre Stimmabgabe etwas verändern kann, und blieben dem Urnengang fern.
Die Kremlpartei Einiges Russland hat wie erwartet die Parlamentsmehrheit verteidigt, verliert aber nach ersten Prognosen nach der Wahl die absolute Mehrheit. Überraschend war das nicht, die Partei litt zuletzt an einem Popularitätstief.
Wie so oft ist es der Kremlpartei Einiges Russland auch diesmal nicht darum gegangen, ob sie die Parlamentswahlen gewinnen wird, sondern wie hoch. Das ursprünglich ausgesprochene Ziel war die Verteidigung der Zweidrittelmehrheit, 343 der 450 Sitze hatte man bis dato inne.
Auf Kremllinie
Zwar lag Einiges Russland nach ersten Exit Polls mit großem Abstand auf Rang Eins, doch die Partei muss sich offenbar mit herben Verlusten abfinden. Von den 54 Prozent nach der Wahl 2016 fiel sie am Sonntag laut ersten Auszählungen auf rund 43 Prozent. Dahinter die Kommunisten, die in den meisten Fragen auf Kremllinie sind, mit etwa 23 Prozent.
Einiges Russland, die Partei, der Wladimir Putin zwar nicht angehört, die ihm aber voll und ganz loyal ergeben ist, hatte in den vergangenen Monaten mit immer schlechteren Umfragewerten zu kämpfen. Deshalb hatte man die Erwartungen für die Dumawahl, die von Freitag bis Sonntag in ganz Russland über die Bühne gegangen ist, schließlich heruntergeschraubt. Der Stern von Einiges
Russland ist spätestens seit 2018 auf dem absteigenden Ast, als der Kreml das Pensionsalter erhöhte. Ginge es nach so mancher Umfrage, wären sich überhaupt nur 25 bis 30 Prozent ausgegangen.
Doch der Kreml hat vorgesorgt. So wurden im Vorjahr mehrere Parteien gegründet, die zwar als Gegner von Einiges Russland auftreten, jedoch dem Kreml gegenüber als weitgehend loyal eingestuft werden. Die meisten Parteien, die nach der Wahl in die Duma einziehen werden, zählen zu solchen systemtreuen Kräften.
Viele in Russland haben die Nase voll von Korruption, von unterdrückter Opposition und eingeschränkten Medien, von stagnierenden Löhnen und steigenden Preisen. Doch das Gefühl, dass sie es durch Stimmabgabe bei der Dumawahl verändern könnten, hatten die meisten Russen vor dem jüngsten Urnengang ohnehin nicht.
Manipulationsvorwürfe
Also hoffte Wladimir Putin vor allem eines: Dass seine Anhänger wählen gehen und seine Feinde den Urnen fern bleiben. Dafür hätten die Behörden auch ein wenig nachgeholfen, so lautet der Vorwurf der Opposition: Auf Angestellte in staatsnahen Betrieben soll Druck ausgeübt worden sein, die Kremlpartei zu wählen, viele Stimmabgaben sollen nicht geheim gewesen sein. Etliche Kandidaten der Opposition sind bereits im Vorfeld aus fadenscheinigen Gründen von der Wahl ausgeschlossen worden. Social-Media-Kanäle und Apps, die die Opposition nutzen wollte, um eine Chance gegen die Übermacht der Systemparteien zu haben, wurden in den Wochen und Tagen vor der Wahl blockiert.
Machtbasis für Putin
Auch wenn Wladimir Putin bei dieser Wahl selbst nicht angetreten ist, braucht er doch vor allem in den kommenden Jahren eine loyale Duma. In der nächsten Legislaturperiode geht es nämlich unter anderem darum, ob der 68-jährige Putin – wie zuletzt durch eine Verfassungsänderung möglich gemacht – eine weitere Amtszeit an der Macht bleiben wird. 2024 wird der Staatschef gewählt.